Dienstag, 10. November 2009

Andrej Kurkow: Der Milchmann in der Nacht (Diogenes)


Jeden Morgen um vier Uhr, bevor Irina in den Bus steigt, der sie nach Kiew bringt, rührt sie Pulvermilch für ihre kleine Tochter an. Denn für die Muttermilch bekommt Irina jene Griwni, die ihre Mutter mit ihrer schmalen Rente nicht aufbringen kann, die aber benötigt werden, um in der Ukraine auf dem Lande bei bescheidensten Ansprüchen zu überleben.
Und während Irina noch grübelt, welches Stadtkind wohl ihre Milch bekommen wird, deutet Autor Kurkow bereits an, dass es ihm nicht um eine realistische Schilderung der Lebensumstände im Post-Sozialismus geht. Denn am Flughafen wird ein Koffer gestohlen, in dem sich merkwürdige Ampullen befinden. Und im Nachlass eines Kiewer Apothekers, der zu Lebzeiten Arzneimittel für die örtliche Prominenz angerührt hat, finden sich seltsame Notizen zu einem Präparat namens "Anti-Hase", das absolute Furchtlosigkeit hervorzurufen vermag. Die begonnenen Erzählstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, verflicht Kurkow zunehmend dichter. Und dann tritt obendrein eine obskure Organisation namens "Kirche Botschaft des Mondes" auf den Plan, geführt von einem Psychiater. Eine Groteske, wie sie wohl nur auf Russisch erdacht werden kann.

Prädikat: *****

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