Mittwoch, 16. Juni 2010

Francis Scott Fitzgerald: Gesammelte Erzählungen (Diogenes)

Er ist der Chronist der Verlorenen Generation. Francis Scott Key Fitzgerald, geboren 1896, hatte schon mit 24 Jahren sein Ziel erreicht: Sein erster Roman Diesseits vom Paradies machte ihn mit einem Schlag reich und berühmt. Mit seiner Frau Zelda bewegte er sich in der Welt der Stars und Sternchen, erst in Amerika, und dann später, in den 20er Jahren, in Europa. Dort versuchte er, das Leben der Bohème auszukosten. Seine Erzählungen aber machen deutlich, dass ein Übermaß an Champagner auch zu einem deftigen Kater führt.
Alkoholexzesse, ein Lebensstil, der in keinem Verhältnis zum tat- sächlichen Einkommen des Paares stand, und das zunehmende Desinteresse des Publikums machten Fitzgerald zu schaffen. Sein heute wahrscheinlich bekanntestes Werk Der große Gatsby verkaufte sich schlecht.
Dann kam die Wirtschaftskrise - und Fitzgeralds Leben in Glanz und Glamour war nicht einmal als Fassade mehr aufrechtzuerhalten. Zelda erlitt zwei schwere Nervenzusammenbrüche, und verbrachte darauf- hin den Rest ihres Lebens in diversen Heilanstalten.Der Schriftsteller sah sich in der Verantwortung, für ein ausreichendes Einkommen zu sorgen. Seinem letzten vollendeten Roman Zärtlich ist die Nacht war jedoch kein Erfolg beschieden. Ab 1937 hielt sich Fitzgerald in Hollywood als Drehbuchautor über Wasser; 1940 erlag er einem Herzinfarkt. 
In seinen Erzählungen spiegelt sich Fitzgeralds ganzes Leben - das mondäne Dasein in Europa, mit diversen Aufenthalten in der Schweiz, Paris und an der Cote Azur, ebenso wie das finale Betteln des früheren Stars um kleinste Aufgaben als Drehbuchschreiber in der Traumfabrik. Man liest über Champagnerpartys in diversen Villen ebenso wie über das elende Dasein jener Schriftstellerkollegen, die Geld schnorren müssen, um das Monatsende zu erreichen. 
So zeichnet Fitzgerald ein facettenreiches Bild vom Leben der intellektuellen Eliten zwischen den Weltkriegen. Und noch dort, wo er vom Leben in der Gosse berichtet, schreibt er stilistisch brillant.
Es ist eben doch ein ganz besonderes Vergnügen, ab und zu einen Klassiker zu lesen - und auch wenn sich die vier Bände flüssig weg- lesen, so stellt man doch sehr bald fest, dass dieser Autor mit- nichten leichte Kost liefert. 

Prädikat: *****

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