Freitag, 18. Juni 2010

Joseph Roth: Hiob (Diogenes)

Vor vielen Jahren lebte in Zuchnow ein Mann namens Mendel Singer. Er war fromm, gottesfürchtig und gewöhnlich, ein ganz alltäglicher Jude. So beginnt Joseph Roth seinen Roman Hiob. Darin stellt er uns, den Lesern, einen Lehrer vor, der Kindern das Lesen und die Bibel nahebringt, und so seine erst fünf-, dann sechsköpfige Familie er- nährt: Gott hatte seinen Lenden Fruchtbar- keit verliehen, seinem Herzen Gleichmut und seinen Händen Armut, schreibt Roth.
Doch Mendels schmales Glück beginnt bald zu schwinden. Menuchim, sein jüngster Sohn, kommt krank zur Welt. Jonas, sein ältester Sohn, geht zum Militär. Die Tochter verschwindet mit diversen Kosaken im Weizen, und der mittlere Sohn flieht nach Amerika. Bald folgt ihm die Familie nach - bis auf den schwer kranken Jüngsten, der bei Nachbarn zurückbleibt, weil das Geld für die Überfahrt nicht für alle ausreicht.
Das Leben in der Neuen Welt kommt Mendel Singer hart an. Ein Schicksalsschlag nach dem anderen trifft ihn. Gläubig und ergeben nimmt er sie als Prüfung hin - bis das Maß voll ist, und seine Geduld mit Gott am Ende. Doch da geschieht ein Wunder. 
Roth erzählt, wie nur Roth das kann. Diese kleine Geschichte ist ganz große Kunst, und sie führt uns geradewegs aus der Hölle der Verzweiflung und der Einsamkeit in einen Himmel, der voll Hoffnung ist und voll Geborgenheit. 

Prädikat: *****

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