Sonntag, 23. Januar 2011

Justyna Polanska: Unter deutschen Betten (Knaur)

"Justyna" kam aus Polen nach Deutschland, weil es in ihrer Heimat keine Jobs gibt. Bei uns gibt es welche - und sie lohnen sich auch, jedenfalls dann, wenn man den Fiskus und die Sozialkassen außen vor lässt. 
Die Autorin behauptet, sie sei Polin, etwa 30 Jahre alt, und wolle mit dem Geld, das sie verdient, eine Ausbildung zur Visagistin finanzieren. Auf ihre deutschen Brötchen- geber schaut sie mit einem Blick, der mitunter an einen Spaziergänger erinnert, der durch den Zoo marschiert - und sich vor den Affenkäfigen gut amüsiert. Das mag freilich auch mit am Verlag liegen, der dieses Büchlein als Skandalon vermarkten möchte. Doch für mehr als ein Skandälchen reicht sie nicht, die Liste jener ekligen Dinge, die unter deutschen Betten - huch! - herumliegen. Und dass es Leute gibt, die in der ererbten Villa sitzen, und trotzdem nicht das Geld haben, sich ein paar Brötchen zu kaufen, ist auch nicht wirklich eine Über- raschung. 
Dass hier und da ein männliches Wesen eine Reinigungsfachkraft für eine Expertin hält, die auch andere Dienstleistungen anbietet, und dass nicht alle weiblichen Wesen ihrer Haushilfe mit Respekt begegnen - nun ja, Manieren hat halt nicht jeder. Aber es ist der große Vorteil eines jeden Selbständigen, dass er sich seine Kundschaft aussuchen kann. Insofern - viel Lärm um nichts. Aber amüsant aufgeschrieben. 

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Also bei so viel Ignoranz geht mir doch der Hut hoch! Ich habe keine Ahnung, wo der obige Herr aufgewachesen ist, aber in meiner Welt ist es ganz und gar keine Lapalie, wenn man als Frau von Kerlen in runtergelassenen Hosen dumm angemeacht, von überkandidelten Hausfrauen schikaniert und wie ein Stück Dreck behandelt wird. "Amüsant" finde ich das gar nicht. Mich hat das Buch zutiefst entsetzt und wütend gemacht. Darüber, dass es solche Doppelmoral und Abgründe gibt. Deshalb finde ich es auch merh als zynisch, so zu tun, als wäre das alles ja "ganz normal". Hallo?! Der herr sollte mal an seiner sicht der Dinge arbeiten. Oder ist er am Ende selbst einer derer, die mal gerne junge Polinnen sexistisch anbaggern und ihrer Putzfrau die versiffte Unterhose liegen lassen? Weil DIE kann es ja wegmachen...
Zum Buch kann ich nur sagen: GRATULATION, Justyna! Es freut mich wirklich sehr, dass Sie es geschafft haben, die belastenden und verletzenden Erlebnisse nicht nur zu verarbeiten, sondern auch mit Humor zu erzählen. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen viel Erfolg!

reagenz hat gesagt…

Hallo Holger,
es freut mich, wenn es Sie ärgert, dass es "nette" Leute gibt, die ihr Personal behandeln wie den letzten Dreck.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich keine jungen Damen sexistisch anbaggere - als berufstätige Mutter von zwei Kleinkindern freue ich mich im Gegenteil jede Woche, wenn unser freundlicher Hausgeist kommt und uns aus dem Dreck hilft. Ein netter junger Mann, was aber Zufall ist, den schickt halt die Firma, die wir beauftragt haben. Und die bezahlen wir auch ganz offiziell - nix Schwarzarbeit.
Soviel vorab.
Wir wollen an dieser Stelle aber über Bücher schreiben. Es geht um Literatur, die ja auch eine Ware ist - und da geht mir der Versuch, mit einer derart schmierigen Geschichte Umsatz zu machen, gewaltig auf den Keks. Sorry, aber es ist niemand gezwungen, schwarz für Leute zu arbeiten, denen jede Kinderstube abgeht.