Donnerstag, 6. Januar 2011

Michail Bulgakow: Arztgeschichten (Luchterhand)

Wo kann ein Arzt, der gerade erst mit dem Studium fertiggeworden ist, etwas lernen? In der Provinz, selbstverständlich! Und so wird der Absolvent Bulgakow als leitender (und einziger) Arzt ins Semstwokrankenhaus nach Nikolskaja verschickt - praktisches Jahr radikal, sozusagen, denn der nächste Arzt ist eine Tagesreise entfernt. 
Bulgakow berichtet von seiner Ankunft, und von seinen Patienten. Gleich am ersten Tag wird er zu einem jungen Mädchen gerufen, das in eine Maschine geraten ist, und dem er nun, vor den kritischen Augen des pflegerischen Personals, ein Bein amputieren muss. Der nächste Fall, ein Kind mit Diphterie, ist eigentlich nicht mehr zu retten - doch der junge Arzt wagt sich an einen Luftröhrenschnitt. Wenig später ruft ihn die Hebamme zu einer Gebärenden, deren Kind sich in Querlage befindet, und vom Arzt in der Gebärmutter gewendet werden muss, so dass die Geburt mit den Füßchen zuerst erfolgen kann. Schussverletzungen, Typhus, Syphilis - mehr als 15.000 Patienten behandelt Bulgakow innerhalb eines Jahres. Liebevoll erzählt er von den Bauern, die natürlich alle nicht mit einem Schnupfen in seine Praxis kommen - und davon, wie diese Erfahrungen aus einem Berufsanfänger einen Praktiker machen, der schon das Kreiskrankenhaus mit seinen fünf Arztkollegen als luxuriös empfindet. Geschichten von einem Anfang - nicht nur als Arzt, sondern auch als Autor.

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