Samstag, 28. April 2012

Rita Falk: Winterkartoffelknödel (dtv)

Franz Eberhofer, einst in München, kehrt zurück nach Niederkaltenkirchen - als Dorfgendarm. Dort hat er eigentlich nichts zu tun; und genau das war auch der Sinn seiner Versetzung, eigentlich. Doch während Eberhofer mit seinem Hund Ludwig die Runde macht, macht er sich so seine Gedanken. 
Und da fällt ihm beispielsweise auf, dass die Neuhofers nicht nur innerhalb erstaunlich kurzer Zeit, sondern auch an sehr merkwür- digen Dingen gestorben sind. Vater Neuho- fer beispielsweise, ein Elektromeister, starb beim Anklemmen des neuen Elektroherdes in seiner eigenen Küche an einem Stromschlag. Kurze Zeit später wird Mutter Neuhofer erhängt im Wald aufge- funden. Die beiden Söhne erben das Haus, und beginnen mit Umbau- arbeiten. Dabei stürzt ein Container herab, und erschlägt den Älte- ren. Wenige Tage später verkauft der jüngere Sohn das Haus - und auf dem Grundstück wird eine Tankstelle gebaut. Kein Wunder, dass Eberhofer denkt, der Neuhofer Hans sei der Mörder. Bald darauf aber stirbt auch dieser bei einem Unfall. Das ist nun doch zuviel, meint der Polizist, den viele unterschätzen - auch die Inhaber einer Immo- bilienfirma, die bei dem Tankstellendeal sehr viel Geld abgezweigt haben. Rita Falk erzählt diesen Krimi mit einem knorrigen Helden aus der tiefsten Provinz, dass der Leser vor Lachen nicht in den Schlaf kommt. Was für ein Humor! Mehr davon, unbedingt!!


Prädikat: ****


Péter Farkas: Acht Minuten (Luchterhand)

In der Wohnung des alten Paares geschehen seit einiger Zeit seltsame Dinge. So werden von fremden Menschen Gegenstände hineingestellt, die angeblich nützlich sein sollen - die der alte Mann aber nun mühsam zum Müll bringen muss.  Und die Ehebetten haben diese Leute in zwei verschiedene Zimmer gestellt - doch sie zurückzubringen, ist den alten Leuten zu schwer. So schlafen sie nun gemeinsam in einem Bett; Péter Farkas erzählt anrührend aus dem Leben eines dementen Paares. Er zeigt, wie das Vergessen auch den Umgang mit Zeit beeinflusst, und wie Kommu- nikation möglich ist, wenn Worte nicht mehr viel sagen. 


Prädikat: ****

Donnerstag, 26. April 2012

Val McDermid: Alle Rache will Ewigkeit (Knaur)

Profilerin Charlie Flint erhält eine anonyme Postsendung - ein Päckchen mit Zeitungs- ausschnitten über einen Mord an ihrem früheren College in Oxford. Es ist nicht besonders schwierig für sie, herauszu- finden, wer der Absender war: Eine ihrer einstigen Lehrerinnen, die Mutter jener Braut, deren frisch angetrauter Ehemann damals auf seiner eigenen Hochzeitsparty erschlagen worden war. 
Charlie kennt auch die Tochter, denn bei Magda und ihren drei Geschwistern war sie einst als Studentin des öfteren als Babysitter. Nun stellt sich heraus, dass Magda mit einer Jennifer Stewart, die ebenfalls einst als Kinder- mädchen im Haushalt von Corinna Newsam ein und aus gegangen ist, liiert ist. Jay, wie sie sich nun nennt, ist eine erfolgreiche Unterneh- merin - doch auch Charlie fällt bald auf, dass ihr Aufstieg mit er- staunlich vielen Todesfällen in Verbindung zu bringen ist. 
Da die Profilerin gerade vom Dienst suspendiert worden ist, verbeisst sie sich in diesen Fall. Schon bald zeigt sich: Jay ist offenbar nicht die Mörderin - doch wer war es dann? Val McDermid präsentiert einen spannenden Krimi mit einem verblüffenden Finale. 


Prädikat: ***

Dienstag, 24. April 2012

Aylin Korkmaz: Ich schrie um mein Leben (Knaur)

"An einer Wassermelone kannst du riechen, du kannst gegen ihre Schale klopfen, um etwas über ihren Reifegrad zu erfahren. Bei einem zukünftigen Ehemann geht das nicht", zitiert Aylin Korkmaz ein türkisches Sprichwort. Wie recht es hat, zeigt ihr Bericht vom Leben mit ihrem kurdischen Ehemann, der sie mit nach Deutschland nimmt. Dort erlebt sie gleich mehrfach den Schock ihres Lebens - und das liegt in erster Linie an ihrem Ehemann, der in der Türkei den dicken Max markiert hat, aber in Wahrheit verschuldet war bis unter die Halskrause, so dass er für seine junge Frau nicht einmal eine Wohnung hat. Und einen  Job hat er auch nicht - was immer mal wieder vorkommt. 
Seine Frau integriert sich zunehmend in der neuen Heimat. Die Ehe scheitert; eigentlich ist es ein Wunder, dass diese Familie drei Kinder hat. Aylin aber ist als Türkin erzogen. Immer wieder gibt sie nach. Doch mit jeder neuen Chance, die sie ihrem Mann einräumt, wird ihr Leben nur schlimmer. Die Geschichte dieser "Beziehung" ist ein Trauerspiel, sie eskaliert in einem Mordversuch, den Aylin Korkmaz nur durch ein Wunder überlebt: Ihr Exmann überfällt sie, schneidet ihr die Kehle durch, und sticht dann noch 25 Mal mit zwei Messern auf sie ein. Es ist erstaunlich, dass es Menschen gibt, die auf die Idee kommen, so etwas einen "Ehrenmord" zu nennen. Ein wichtiges Buch, ganz ohne Frage. 


Prädikat: ***

Sonntag, 22. April 2012

Sabine Ebert: Der Traum der Hebamme (Knaur)

Im Herbst 1191 kehrt Thomas, der Sohn der Hebamme Marthe, an der Seite Dietrichs vom Kreuzzug zurück. Doch in der Heimat gibt es keinen Frieden: In der Mark Meißen herrscht Albrecht, und er denkt gar nicht daran, die Macht an seinen Bruder abzutreten. Angriff ist die beste Vertei- digung, denkt sich der Markgraf, und zieht gegen die Heimkehrer ins Feld. 
Dietrich hat nur eine Chance: Er braucht Hermann, den Landgrafen von Thüringen, als Verbündeten. Der zeigt sich nicht ab- geneigt - doch er fordert die Verlobung Dietrichs mit seiner Tochter Jutta. Auch im letzten Band ihrer "Hebammen"-Reihe zeigt Sabine Ebert Politik und ihre Auswirkungen, ohne zu beschönigen. Was sie über mitteldeutsche Geschichte in ihrem Romanen berichtet, das ist eindrucksvoll und sehr gut recherchiert. 


Prädikat: ***

Reinhardt Piechocki, Melissa Müller: Alice Herz-Sommer - "Ein Garten Eden inmitten der Hölle" (Knaur)

Als Tochter eines Fabrikanten wuchs sie in Prag auf, behütet und umsorgt. Schon als Kind übt Alice Herz stundenlang Klavier. Und so war es keine Überraschung, dass sie den Beruf der Pianistin und Musikpädago- gin wählt - was für eine Tochter aus "besserem" Hause zu Beginn des 20. Jahr- hunderts keinesfalls selbstverständlich war. Doch in das Idyll mischen sich schon bald Misstöne. In den 30er Jahren wandern zahlreiche Freunde und Verwandte aus. Und sie haben gut daran getan, wie die Pianistin nach dem Einmarsch der Deutschen feststellen muss. Denn nun beginnen die Deportationen. Und Alice Herz, mittlerweile verheiratet mit Leopold Sommer und Mutter eines kleinen Söhnchens, ist Jüdin. Als ihre Mutter ins Lager verschleppt wird, beginnt sie, die Chopin-Etüden zu üben. Ein Jahr später muss auch die gefeierte Pianistin mit Mann und Kind den Zug besteigen, der sie zunächst nach Theresienstadt bringt. 
Dieses Buch berichtet davon, wie es Alice Herz-Sommer mit Hilfe der Musik gelungen ist, das Ghetto zu überleben, und auch ihr Kind abzuschirmen. Der kleine Stephan erlebt seine Kindheit als eine glückliche Zeit - in Theresienstadt, wo der Tod ein beständiger Gast ist. Nach der Befreiung aber wird das Leben nicht einfacher. Die Musikerin muss erleben, dass sie als Überlebende in ihrer Heimat- stadt nicht willkommen ist. Sie wird beschimpft und schikaniert - und wandert schließlich nach Israel aus. 
Eine beeindruckende Lebensgeschichte. Seit 1986 lebt Alice Herz-Sommer in London, weil sie ihrem Sohn, der in Israel den Namen Raphael angenommen hatte und ein erfolgreicher Cellist war, nahe sein wollte. Er starb  2001. Seine Mutter, Jahrgang 1903, spielt noch heute Klavier. Musik war und ist ihr Leben. 


Prädikat: ****

Robert Louis Stevenson: Der Master von Ballantrae (dtv)

Zwei Brüder aus schottischem Adel kämpfen beim Aufstand der Jakobiten im Jahre 1745 auf unterschiedlichen Seiten. Während James Durie, der ältere Bruder und Erbe, der Master von Ballantrae genannt, sich den Rebellen anschließt, ficht Henry Durie, der jüngere Bruder, auf Seiten der Regierung. Als James für tot erklärt wird, übernimmt Henry die Leitung des Gutes, und heiratet die Verlobte seines Bruders, die das Vermögen mitbringt, mit dem sich der Familienbesitz erhalten lässt. 
Doch der Jüngere erhält für Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit wenig Anerkennung, wie uns sein Verwalter berichtet, den Robert Louis Stevenson zum Erzähler gewählt hat. James hingegen, offenbar ohne jeden Skrupel, bekommt, was er begehrt, als er sich lebendig zurückmeldet: Geld, Obdach, und die Liebe der Frau seines Bruders - was ihm dann sogar zu einem Erben verhilft, auch wenn der Autor das natürlich sehr dezent andeutet. Aber dieses Buch lebt davon, das wichtiges gerade nicht ausgesprochen wird. 
Bei einem Duell der beiden ungleichen Brüder wird James nieder- gestochen, doch als die Familie herbeieilt, um die Leiche zu bergen, ist sie verschwunden. Wie ein böser Geist verschwindet der Master und taucht wieder auf, um Unruhe und Zwietracht zu bringen - und Geld zu erpressen. Schließlich flieht Familie Durie nach Amerika. Doch der Master reist hinterher. Und es gelingt ihm, dafür zu sorgen, dass Henry letztendlich den Verstand verliert: Sein ganzes Denken und Trachten kreist ausschließlich um den verhassten Bruder. 
Stevenson nennt sein Buch "Eine Wintergeschichte", sehr zutreffend - denn es ist ein Bericht in Schwarz-weiß, erstarrt in Kälte; brillant erzählt. Der Deutsche Taschenbuch Verlag legt diesen erstklassigen Schauerroman in einer Neuübersetzung von Melanie Walz vor, sorgsam ediert und kommentiert. Unbedingt lesen! 


Prädikat: *****


Georges Simenon: Ankunft Allerheiligen (Diogenes)

Der junge Gilles Mauvoisin erreicht La Ro- chelle am Abend vor Allerheiligen; er wird in aller Heimlichkeit von Bord eines Schiffes gebracht. Seine Eltern, die aus der Hafen- stadt stammten, waren dort vor Jahren einfach abgereist, in die weite Welt, und ihr Brot verdienten sie als Artisten. Nun sind sie tot, und Gilles, kaum erwachsen, findet sich verwaist und mittellos. 
Doch zumindest letzteres ist offenbar nicht korrekt. Schon bald erfährt Mauvoisin, dass er von einem Onkel als Universalerbe eingesetzt worden ist. Dieser Onkel, den alle hassten, hat ein ganz erstaunliches Vermögen zusammengerafft. Gilles Mauvoisin tritt sein Erbe an. Er lernt sehr schnell, die Unternehmungen seines Onkel zu führen, und auch die Drohungen und Andeutungen, mit denen er konfrontiert wird, einzuordnen. Er heiratet. Aber je mehr er über seinen Onkel und die führenden Köpfe des Ortes, das sogenannte Syndikat, erfährt, desto mehr fürchtet er, so zu werden wie dieser Onkel. Meisterhaft schildert Georges Simenon die geradezu detek- tivische Spurensuche des jungen Mauvoisin und sein zunehmendes Unbehagen, das der Leser geradezu mitempfinden kann. Man ist dem Schriftsteller dankbar dafür, wie elegant er diesen Konflikt am Ende auflöst. 


Prädikat: ****

Samstag, 21. April 2012

Tanka Kinkel: Im Schatten der Königin (Knaur)

Tanja Kinkel erzählt die Geschichte eines realen Treppensturzes, der seinerzeit im Jahre 1560 ganz Europa Stoff zum Tratsch bot. Eine junge Dame wurde damals tot am Fuße einer Treppe aufgefunden - was nicht weiter bemerkenswert gewesen wäre. Doch ihr Ehemann Lord Robert ist der erklärte Favorit von Königin Elizabeth. Und das macht die Sache pikant, zumal der Hof versucht, die Königin zu verheiraten. 
Also vermutet jedermann, Robin Dudley habe seine Ehefrau Amy aus dem Wege geräumt, um König werden zu können. 
Doch wer besser nachdenkt, der wird schnell herausfinden, dass die Königin einen Mann mit einem solchen Ruf unmöglich heiraten kann. Ganz im Gegenteil - ihm droht die Hinrichtung. Stellt sich jedoch heraus, dass Lady Amy Selbstmord begangen hat, dann wird ihr ein christliches Begräbnis verwehrt. Auch das wäre eine Katastrophe. Der Verwalter von Lord Robert erkennt das sofort. Und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Der Leser begleitet ihn dabei - und wird am Ende erstaunt sein über die salomonische Lösung, die Kinkel sorgsam herbeischreibt. "Im Schatten der Königin" ist bislang ohne Zweifel ihr bestes, stärkstes Buch. 


Prädikat: ***

Wolf Serno: Das Lied der Klagefrau (Droemer)

Man schreibt das Jahr 1786: Alena, die schöne Klagefrau, kommt mit ihrem Ehemann, dem Puppenspieler Julius, nach Göttingen. Der will dort endlich sein Medizinstudium vollenden, das er vor vielen Jahren abbrechen musste. Doch dieses Vorhaben ist nicht ganz unproble- matisch. Denn Julius wurde seinerzeit der Universität verwiesen, und schreibt sich nun notgedrungen unter falschem Namen ein. Und die Mitstudenten machen sich über den Kommilitonen lustig, der deutlich älter ist als sie, und obendrein ganz offensichtlich knapp bei Kasse. Als Julius das Geld ausgeht, verdingt sich Alena erneut als Klagefrau. Doch sie sieht die Bemühungen ihres Liebsten zunehmend mit Unwillen. Denn sein Studienfreund Heinrich ist in Wahrheit eine Henrietta - eine junge Adlige, die sich als Mann ausgibt, weil sie als Frau nicht studieren dürfte. Julius gerät ernsthaft in Bedrängnis. Und obendrein sterben in dem Hospiz, in dem er als angehender Arzt arbeitet, einige Patienten unter mysteriösen Umständen. Als Julius den Mörder endlich stellen kann, erlebt er eine sehr unangenehme Überraschung. Denn die Vergangenheit holt ihn ein. Ein spannender Roman aus der Werkstatt von Wolf Serno - gut recherchiert, und ein halber Krimi dazu. 


Prädikat: ***

Donnerstag, 19. April 2012

Birgit Böckli: Friesensturm (Knaur)

Ein Mörder geht um auf Spiekeroog. Sein erstes Opfer: Ein Geschäftsmann, der ganz sicher einigen Insulanern auf die Zehen getreten ist. Auch seiner Stieftochter soll er möglicherweise näher gekommen sein als zulässig - meint der Tratsch. Auf einer Insel, auf der gerade einmal 800 Menschen leben, bleibt wenig verborgen. So ist auch jedermann klar, dass das zweite Opfer ein Alkoholiker war, auch wenn er als Kassierer in einem Supermarkt seine Brötchen ver- dient hat. Die dritte Leiche ist die eines Schlägers - und hier ist ausnahmsweise auch klar, wer den Mann umgebracht hat: Es war seine Frau, in einer offensichtlichen Not- wehrsituation. Denn sie erstach ihn in einer Kneipe, vor versammel- tem Publikum. Wer aber hat die anderen Toten auf dem Gewissen? 
"Friesensturm" ist der Erstling von Birgit Böckli - und man muss sagen, dieser Krimi ist der Autorin hervorragend gelungen. Er ist spannend, die Figuren sind trotz einer gewissen Lakonie gut gezeichnet. Und das Polizeirevier spiegelt zudem die Situation der Inselbewohner, diel von Fremden erst einmal nicht viel wissen wollen - das gilt auch für den Inselpolizisten Herrlich, der akzeptieren soll, dass ihn der Kollege Berg, ein erfahrender Ermittler aus der Groß- stadt, zukünftig unterstützen wird. Erstaunt wird der Leser fest- stellen, dass zuviel Ortskenntnis hier eine gewisse Betriebsblindheit verursacht hat. Auf die nächsten Krimis der Autorin darf man gespannt sein. 


Prädikat: ***

Sonntag, 15. April 2012

Bettina Landgrafe: Weiße Nana - Mein Leben für Afrika (Knaur)

Wie wird aus einer deutschen Kranken- schwester eine Königin der Ashanti? Bettina Landgrafe erzählt davon, wie sie zum ersten Mal nach Ghana reiste, und was sie dort sah und erlebte - und was sie danach unter- nommen hat, um den Menschen zu helfen, die  dazu offensichtlich selbst nicht in der Lage sind. Sie engagiert sich, um Kranken zu einer medizinischen Versorgung zu verhel- fen, um Fischerkinder zu befreien, die als Sklaven schuften müssen, anstatt zur Schule zu gehen, und um Leprakranke zu versorgen, die von ihren Familien verstoßen werden, und um in "ihrem" Dorf Apewu Toiletten und Brunnen zu bauen. Dabei agiert sie, das muss man ihr lassen, ziemlich clever. Landgrafe hat zudem nicht nur Mut, sondern auch Humor. Und ihr Buch hat sie nicht geschrieben, um sich selbst in ein möglichst gutes Licht zu setzen, sondern um Spenden für ihre Projekte zu sammeln. 


Prädikat: ***

Luc Deflo: Todeswahn (Knaur)

Seltsame Dinge geschehen im belgischen Mechelen. Irgend jemand tötet junge Frauen. Eine Schwangere bringt sich selbst um. Als dann noch eine junge Mutter tot aufgefunden wird, der Säugling aber verschwunden bleibt, ist sich Ermittler Dirk Deleu ziemlich sicher, dass der Täter ein Psychopath ist. Er weiß auch bald, nach wem er suchen muss - aber er weiß nicht, wo. Der Leser schon. Dieser Krimi gehört leider nicht zu den stärksten Werken dieses Genres. 


Prädikat: * 

Georges Simenon: Die Wahrheit über Bébé Donge (Diogenes)

Zwei Brüder führen gemeinsam ein Unter- nehmen. Und sie unternehmen auch sonst mit ihren Familien ziemlich viel gemeinsam. Das ist kein Wunder, denn sie haben zwei Schwestern geheiratet. Eines schönen Tages, die Brüder Donge sitzen im Kreise ihrer Lieben im Garten ihres Landhauses, spuckt Francois den Kaffee wieder aus, den er soeben trinken wollte, und rennt ins Bad. Denn dem Chemiker ist sofort klar, dass seine Frau Bébé ihm nicht nur Zucker in die Tasse getan hat.
Francois überlebt knapp. Und er sieht seine Frau mit völlig neuen Augen - was aber nichts nützt. Denn Bébé will ins Gefängnis. Simenon zeigt, wie schnell sich Eheleute einander entfremden, und sein Buch, in gewohnter stilistischer Meisterschaft, lässt keinen Zweifel daran, dass nicht alle Wunden heilen.


Prädikat: ****

Simone Buchholz: Schwedenbitter (Droemer)

Novembernebel in Hamburg. Staatsanwältin Chas Riley hat nicht die beste Laune. Denn in einer Villa im Hamburger Süden finden sich zwei tote Amerikaner. Ihre Freundin bekommt ein Kind, jedenfalls denkt sie darüber nach. Und als sie mit den Ermittlungen in dem Mordfall beginnt, wird alles noch viel unerfreulicher. Denn die Geschichte führt mitten hinein in den Hamburger Immobilienmarkt - und in korrupte Behörden. Ein weiterer Hamburg-Krimi von Simone Buchholz, mit liebevoll gezeichneten Figuren und einer großen Portion Lokalkolorit. Unbedingt lesen! 


Prädikat: ****

Iny Lorentz: Töchter der Sünde (Knaur)

Falko, der Sohn der ehemaligen Wanderhure Marie, die sich auf Burg Kiebitzstein zur Ruhe gesetzt hat, ist ziemlich leichtsinnig, und lässt nichts anbrennen. Als er sich bei einem Turnier den Zorn eines Gegners zuzieht, sieht sich der Fürstbischof von Würzburg genötigt, den jungen Heißsporn außer Landes zu schicken. Und so sendet er Falko nach Rom - ausgerechnet im Gefolge seiner schönen Nichte, die dort zukünftig einem Kloster vorstehen soll. Das ist aber nur ein Teil seiner Aufgaben. Denn in erster Linie soll er die Kaiserkrönung Friedrichs III. befördern helfen, und für die Sicherheit des Monarchen in der Ewigen Stadt sorgen. Marie staunt nicht schlecht, als ihr Sohn schließlich aus Rom zurückkehrt. Denn ihn begleitet ausgerechnet jene junge Dame, die ohnehin seine Ehefrau werden sollte - und das Paar präsentiert ihr auch gleich zwei Töchter, angeblich aus erster Ehe. Eine weitere Geschichte aus der Werkstatt von Iny und Elmar Lorentz, perfekt recherchiert und spannend erzählt. 


Prädikat: ***

Wladimir Makanin: Benzinkönig (Luchterhand)

Major Schilin handelt mit Benzin, Diesel und Heizöl. Eigentlich sollte er das Depot bewachen, aber im Tschetschenienkrieg ist Kraftstoff ein knappes Gut, das sich gut an Freund und Feind verscherbeln lässt. Vorausgesetzt, der Kunde zahlt. So kann Schilin sich und seiner Familie in der Heimat einen gewissen Wohlstand sichern - und in Tschetschenien haben selbst die Rebellen vor ihm Respekt. Denn in dem allgemeinen Chaos liefert Schilin stets zuverlässig, was bestellt und bezahlt ist: "Dieser Krieg hat keine Regeln", lässt Makanin seinen Helden formulieren. "Nicht ein- mal Gesetzmäßigkeiten, außer einem Gesetz aller Gesetze: Schul- dest du Geld? Dann gib's zurück." 
Makanin zeigt in seinem Roman eine korrupte Gesellschaft, die einen Krieg führt, der nicht zu gewinnen ist. Ein großartiges Buch, so absurd und verrückt wie die Kämpfe, die darin beschrieben werden. 


Prädikat: *****

Samstag, 14. April 2012

Michael Wallner: Kälps Himmelfahrt (Luchterhand)

Kälp ist Tierarzt in einem süddeutschen Bergdorf. Er kümmert sich um die kranken Tiere der Bauern, und er denkt an seinen toten Bruder, den einzigen Menschen, der ihm je nahegestanden hat. Einzig mit Daniel, Mönch im nahegelegenen Kloster, und mit Una, der Verlobten seines Bruders, redet er mehr als notwendig. Kälp schätzt seine Tiere - von den Menschen hält er nicht viel. Dann kommt Birgit mit ihrer Tochter Tabea ins Dorf, eine herbe Schönheit mit Reibeisenstimme. Und fast hätte Kälp sein Leben geändert - doch dann stürzt Schreiner Nurbrecht die Keller- treppe hinab, und bricht sich dabei das Genick. Kälp hat den Sturz beobachtet, und er hat auch gesehen, mit welcher Brutalität Nur- brecht zuvor seinen neunjährigen Sohn traktiert hat. 
Eine unheimliche Geschichte mit knorrigen, archaischen Typen, die Autor Michael Wallner eher dadurch beschreibt, dass er sie Dinge nicht sagen und nicht tun lässt. Das ist Literatur, ohne Zweifel - und es ist ziemlich verstörend. 


Prädikat: ***

Martin Suter: Allmen und die Libellen (Diogenes)

Johann Friedrich von Allmen, Lebens- künstler, hat über die Jahre das Millionen- erbe seines Vaters erfolgreich durchge- bracht. Das Anwesen der Familie musste er verkaufen, und nun haust er mit seinem Faktotum Carlos im einstigen Gärtner- häuschen. 
Den Umgang mit Gläubigern beherrscht er virtuos. Und wenn es gar nicht zu vermeiden ist, dann hilft ihm oft seine Antiquitäten- sammlung aus der Patsche, denn er ver- dankt ihr eine langjährige Geschäfts- beziehung zu einem Händler, der auch Objekte unklarer Herkunft diskret verkauft. 
Doch dann schleppt nach einem alkoholangereicherten Opernabend eine junge Frau Allmen in die Villa ihres Vaters ab, wo er durch Zufall fünf bezaubernde Glasschalen entdeckt - Jugendstil, mit Libellen, wunderschön. Und vor Jahren aus einem Museum geklaut. Allmen sieht eine Chance, zu einem Einkommen zu kommen - so ähnlich muss es wohl auch Autor Martin Suter gegangen sein, als er diesen Erstling seiner neuen Krimireihe geschrieben hat. Fortsetzung folgt. Aber ich muss gestehen, die Business Class hat mich mehr amüsiert.


Prädikat: ***

Abtprimas Notker Wolf: Von den Mönchen lernen (Pattloch)

Was können Menschen, selbst wenn sie nicht an Gott glauben, heutzutage von der Gemeinschaft der Benediktiner lernen? Eine ganze Menge, meint Abtprimas Notker Wolf OSB. Und erzählt über Benedikt von Nursia, den Gründer des Ordens, die Regula Bene- dicti, die Regeln für das Zusammenleben der Mönche und Nonnen, die er dem Orden vor fast 1500 Jahren gegeben hat, und das Leben im ältesten Orden der katholischen Kirche heute. 
Wenn man seine Betrachtungen liest, dann wird man bald feststellen, wie wenig sich - trotz der "modernen" Verhältnisse - die Menschen eigentlich verändert haben. Und man wird dankbar manche Anregung, Erinnerung und auch Ermahnung annehmen. Ein wichtiges, kraftvolles und lebendiges Buch, das manchmal an eine Predigt erinnert - und das man immer wieder lesen sollte. 


Prädikat: ****

Andreas Franz: Eisige Nähe (Knaur)

Eine unappetitliche Geschichte von mäch- tigen Männern, die Spaß daran haben, junge Mädchen zu beschlafen - ganz junge Mädchen. Es ist zugleich die Geschichte eines Studenten, den die Frau eines solchen Mannes zu einem Auftragskiller macht. All das erzählt Andreas Franz didaktisch vor- bildlich - offenbar sollen auch die geistig unbeweglicheren Leser jederzeit den Durchblick behalten - und angereichert mit einer großen Kelle Moral. Tut mir leid, aber diesen Krimi, der sich liest, als hätte ihn ein Oberstudienrat geschrieben, kann ich nicht empfehlen.


Prädikat: *

Kevin Wignall: Die letzte Wahrheit (Heyne)

Conrad Hirst, ein ehemaliger Soldat, arbei- tet als Auftragskiller - für einen deutschen Verbrecherboss, wie er meint. Irgendwann reicht es ihm, und er beschließt, auszu- steigen. Doch er kennt die Spielregeln des Gewerbes - und er weiß, dass es vier Personen gibt, die wissen, wer er ist und womit er seine Brötchen verdient hat. Wenn er ein neues Leben anfangen will, dann muss er diese vier Menschen töten. 
Doch so einfach ist das nicht, wie sich herausstellt. Ein beinharter Thriller - mit einem erstaunlich banalen Schluss.


Prädikat: **

Andre Agassi: Open (Knaur)

Schon als Kind hasst Andre Agassi Tennis. Doch gnadenlos zwingt ihn sein Vater zum Training. Und das Einwandererkind ist ein Talent; schon bald verdient er Geld auf dem Tennisplatz. Doch bis zum Superstar ist es ein langer Weg. Agassi erzählt von seinen Erfahrungen in der Welt des Spitzensports - und zerstört damit so manche Illusion. Das ist auch sein Ziel, denn inzwischen musste er feststellen, dass er außer Tennis nicht viel gelernt hatte. Um benachteiligten Kindern einen besseren Start ins Leben zu ermöglichen, baute Agassi eine Schule - und darum kümmert er sich heute, gemeinsam mit seiner Frau Steffi Graf. Ein großartiges Lebenswerk, und eine faszinierende Lebensgeschichte.


Prädikat: ****

Freitag, 13. April 2012

Hülya Özkan: Güle Güle Süperland (Knaur)

Hülya Özkan kam als Kind mit ihrer Familie nach Deutschland. Ihre Eltern sind in die Türkei zurückgekehrt. Özkan hat Politolo- gie und Journalistik studiert, und mode- riert heute im ZDF die Sendung "Heute in Europa".  Sie ist mit einem Deutschen verheiratet, und erlebt den türkischen Teil ihrer Familie in erster Linie per Telefon. 
Doch diese Telefonate haben es in sich. Um die "Übererregung" zu überwinden, die sie offenbar auslösen, beschließt Özkan eines Tages, ihre Verwandten zu besuchen - all die Tanten und Onkel, die sie seit Jahren nicht gesehen hat. Was sie auf ihrer Reise erlebt, das beschreibt sie mit viel Humor in diesem Buch. Wer es gelesen hat, der wird die Türkei und die Türken wohl ein bisschen besser verstehen. 


Prädikat: ****

John Verdon: Die Handschrift des Todes (Heyne)

Mark Mellery, Betreiber eines Therapie- zentrums mit dem Namen "Institut für spirituelle Erneuerung", hat einige Briefe bekommen, die ihn ängstigen. Unter seinen Bekannten aus der Studienzeit, erinnert er sich, ist Dave Gurney - einst sehr erfolg- reich als Mordermittler, mittlerweile aller- dings pensioniert. 
Ihn bittet Mellery um Rat - denn er hat ein Problem: Der erfolgreiche Buchautor und Therapeut war einst ein Alkoholiker, er hat regelmäßig bis zum Blackout gesoffen und erinnert sich an etliches überhaupt nicht mehr. Doch noch während Gurney darüber grübelt, wie er Mellery helfen könnte, wird dieser umgebracht. 
Der Fall erscheint rätselhaft. Doch es bleibt nicht der einzige Mord. Gurney meint schließlich, ein Muster zu erkennen - und tappt doch am Ende in die Falle. Ein überraschendes Finale nach einem gut durchdachten Krimi - den Namen John Verdon sollte man sich merken. 


Prädikat: **

Tobias Haberl: Wie ich mal rot wurde (Luchterhand)

Tobias Haberl, Journalist beim Süddeutsche Zeitung Magazin, hat ein Experiment ge- wagt. Er wollte die Linke kennenlernen, und ist daher Mitglied geworden - und hat ein Jahr lang alle Aktivitäten des Münchner Ortsverbandes mitgemacht. So hat er Politik aus dem Blickwinkel der Basis kennengelernt, in einer Partei, die sich für demokratisch hält, in Wahrheit aber sehr viel Kraft in absurden Grabenkämpfen verschleißt. Und in diesem Buch, in dem er über seine Erlebnisse berichtet, zeigt er sich ziemlich ernüchtert. Haberl vermeidet Überzeichnungen; er schreibt mit viel Sympathie für seine zeitweiligen Genossen, und bemüht sich um Fairness und Ausgewogenheit. Dennoch bleibt genug Kabarett übrig - dank Sodann, Wagenknecht, Ernst und Co. 


Prädikat: ***

Michael Kuhr: Bodyguard (Droemer)

Ein kleiner Mann mit wachem Blick und einer großen Knarre - Michael Kuhr zeigt schon auf dem Cover, worauf es ankommt in der Türsteherszene von Berlin. Denn das ist Milieu, in dem sich Kuhr bewegt, wenn er nicht gerade Lady Gaga beschützt, Shakira oder Leonardi DiCaprio. Ein dünnes Buch, doch dicke Werbung für den Kickbox-Welt- meister und seine Firma. Und geschrieben ist das ganze für ganz simple Gemüter, jeden- falls liest es sich so. Schade drum.


Prädikat: *

Karen Rose: Feuer (Knaur)

Vier Studenten legen Feuer in einem Rohbau. Ihr Ziel: Ein Feuchtbiotop in der Nachbarschaft zu erhalten. Das jedenfalls denken drei von ihnen. Die Initiatorin der Aktion kennt den wahren Grund - doch auch sie ahnt nicht, dass es einen Beobachter gibt, der Tat und Täter auf Video dokumentiert hat. Damit erpresst er das Quartett. Denn in dem Haus starb ein junges Mädchen, vor dem Haus wurde ein Wachmann erschossen. Um nicht in den Knast zu wandern, fackeln die Brandstifter für den Erpresser noch weitere Häuser ab. Begleiterscheinung: Weitere Leichen. 
Mordermittlerin Olivia Sutherland und Feuerwehrmann David Hunter begeben sich auf die Jagd nach den Tätern. Und während sie auch privat ein Team werden, schrumpft die Gruppe der Brandstifter immer mehr zusammen. Ein Krimi für Gerechtigkeitsfanatiker, denn während die Polizei noch immer mühsam den Spuren folgt, sterben die Täter - alle. Erneut ist Karen Rose ein Thriller gelungen, der die Spannung hält bis zum Schluss. 


Prädikat: ***


Dienstag, 10. April 2012

Detlef Gojowy: Ein Europäer in New York (Pandion)

Ein Musikwissenschaftler reist nach Amerika. Und aus der Märchenstadt New York berichtet er in Briefen an seine Ehefrau, launigerweise auch an seine Katzen. Detlef Gojowy ist aber nicht irgendein Reisender; seine Beobachtungen sind präzise, feinsinnig, sie erfassen das Wesen der Gesellschaft, über die er schreibt. 
Denn Gojowy kennt auch die andere Supermacht Russland, er ist ein Wanderer zwischen den Welten - und er wagt den Vergleich. Selbstzensur findet nicht statt. So erweist sich dieses posthume Werk als kluges, leider aber auch sehr schmales Büchlein, dem man zudem etwas mehr Sorgfalt von Seiten des Verlages gewünscht hätte. 


Prädikat: ****

Bram Stoker: Draculas Gast (Diogenes)

Schauergeschichten vom allerfeinsten! Gleich sechs Stück davon enthält dieses schmale Bändchen aus dem Diogenes Verlag - und der Name des Autors bürgt zugleich für ihre exzellente literarische Qualität. Denn Bram Stoker liefert dem Leser keinen billigen Grusel. Da mietet sich ein Student in einem abgelegenen Haus ein, weil er in Ruhe arbeiten will. Doch statt mathematischer Erkenntnisse findet er dort ein seltsames altes Gemälde, einen stabilen Strick - und ein makaberes Ende. In Rattenbegräbnis wagt sich ein junger Brite in die Müllberge von Paris. Und in Draculas Gast verirrt sich ein Reisender auf dem Rückweg nach München - und findet sich plötzlich bei Nacht und Nebel auf einem Friedhof wieder. In der Walpurgisnacht. Knapp kommt er davon, denn ein Suchtrupp spürt ihn auf und bringt ihn zurück ins Hotel. In Ohnmacht fällt der Engländer freilich, als ihm der Gastgeber das Telegramm zeigt, das zur Suche auffordert - Absender: Graf Dracula. Köstlich! Unbedingt lesen!! 


Prädikat: *****

Anne Hertz: Sahnehäubchen (Knaur)

Eigentlich liebt PR-Expertin Nina ihren Job. Aber seit ein paar Tagen packt sie die Wut, wenn sie an ihre Arbeit denkt. Denn sie soll Dwaine F. Bosworth zum Best- sellerautor machen - und dafür schickt sie ihre Chefin gnadenlos auf Lesereise mit einem Typen, den sie schrecklich findet. Schon bald ist sein Buch, der Macho-Ratgeber Ich kann sie alle haben, auf der Bestseller-Liste - doch Nina stellt ange- widert fest, dass er seine Tricks auch an ihr austestet. Und beinahe wäre er damit sogar erfolgreich gewesen, gäbe es nicht Tom, Ninas Volontär. 
Eine unterhaltsame Geschichte aus der Werkstatt der Schwestern Scheunemann/Lorenz - und wer herausfinden will, was es mit dem Sahnehäubchen auf sich hat, der sollte sie lesen. Amüsement garantiert! 


Prädikat: *

Dick & Felix Francis: Verwettet (Diogenes)

Ned Talbot ist Buchmacher, und weil er einen ausgezeichneten Ruf hat, darf er auch bei den großen Pferderennen seinen Stand aufbauen. Doch das Geschäft wird immer schwieriger. Denn die Konkurrenz ist hart, und die großen Wettbüros locken die Kund- schaft mit höheren Gewinnen. Wo früher in erster Linie Instinkt und Erfahrung zählten, rechnet heute der Computer. Talbot steht in Royal Ascot, und er hat keine Lust mehr. Um die Katastrophe perfekt zu machen, taucht auch noch ein Mann auf, der behaup- tet, sein Vater zu sein. 
Doch noch bevor Talbot herausfinden kann, warum seine Großeltern, bei denen er aufgewachsen ist, ihm seinerzeit erzählt haben, seine Eltern seien beide bei einem Unfall ums Leben gekommen, wird er niedergeschlagen. Der Angreifer will Geld - aber offenbar nicht das des Buchmachers; er stürzt sich statt dessen auf den angeblichen Vater, und verletzt ihn mit einem Messer so schwer, dass er kurz darauf stirbt. 
Talbot steht vor einem Rätsel. Und zugleich gerät er unter Druck. Denn einer der großen Buchmacher möchte ihm sein Geschäft ab- knöpfen. Doch auch seine eigenen Mitarbeiter kennen sich mit Technik sehr gut aus - wie gut, wenn man Freunde hat! Ein Renn- bahn-Krimi von Vater und Sohn Francis, very british. Kein Wunder, dass diese Autoren seit Jahren Bestseller schreiben; dieses Buch jedenfalls muss man einfach mögen. 


Prädikat: ****

Chuck Hogan: Kopfgeld (Heyne)

Ex-Soldat Neal Maven, seit neun Monaten aus dem Irak zurück, hat ein Problem. Oder, um genauer zu sein, ein ganzes Paket davon. Denn er hat keinen Job, keine Freunde und keine Perspektive. Und er bekommt den Krieg nicht aus seinem Kopf. Doch dann trifft er Royce - eloquent, elegant, Kohle ohne Ende. Und tritt in dessen private Söldnertruppe ein. Die stiehlt Großdealern Geld und Drogen. Das Geld kassieren sie, die Drogen werden vernichtet. 
Schon bald sind sie in der Szene als die Schneeräumer bekannt und gefürchtet. Doch die Dealer wehren sich. Außerdem muss Maven feststellen, dass Royce in diesem Spiel eine Doppelrolle spielt. Ein Thriller mit einem spannenden Plot - und einem atemberaubenden Finale.


Prädikat: ** 

Montag, 9. April 2012

Andreas Föhr: Karwoche (Knaur)

Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner rast mit seinem Spezl Kilian Raubert um die Wette. Dabei fegt er fast ein entgegen- kommendes Auto von der Straße. Am Steuer dieses Wagens aber saß sein Chef, Kommissar Wallner. Um das Rennen als dienstliche Aktion auszugeben, kontrolliert Kreuthner Rauberts Transporter - und findet im Laderaum eine Leiche. Und dabei bleibt es nicht. 
Wallner kann seinen Osterurlaub vergessen. Die Spuren führen an den Schliersee, zum Anwesen der Schauspielerfamilie Millruth, die offenbar eine Menge Geheimnisse hat. Ein Krimi mit einer Menge Lokalkolorit - und Polizisten, die Typen sind, wie man sich das eigentlich nicht am Schreibtisch ausdenken kann. 


Prädikat: ***

Fabio Volo: Noch ein Tag und eine Nacht (Diogenes)

Ein Mann sieht eine Frau in der Straßen- bahn. Jeden Morgen. Bald stellt er den Wecker, um sie nicht zu verpassen. Doch als sie ihn schließlich anspricht, ist die Freude kurz: Michela reist ab, nach New York. Giacomo versucht, sie zu vergessen. 
Schließlich reist er ihr nach. 
Was wie leichte Unterhaltung beginnt, wird bald zu einem Buch mit erstaunlicher Tiefe. Hier geht es um mehr als nur um Amore - es geht um die Frage, was Beziehung aus- macht, und was sie ermöglicht. 


Prädikat: ***

Xinran: Wolkentöchter (Droemer)

Die Journalistin Xinran schreibt über einen ganz besonders barbarischen Brauch, der in China bis heute gang und gäbe zu sein scheint: Wenn sie nicht gleich nach der Geburt getötet werden, dann werden Mädchen ausgesetzt. Denn sie zählen nichts in China, wo nur Söhne als wertvoll gelten - und die Regierung jeder Familie nur ein Kind erlaubt. Xinran berichtet von den Müttern, die unter diesen grausamen Sitten leiden, und von den Waisenhäusern, aus denen die Mädchen bestenfalls zur Adoption ins Ausland gegeben werden. Wenn sie Glück haben. Doch selbst diese kleinen Chinesinnen fragen sich noch Jahre später, warum ihre Familien sie nicht haben wollten. Er ist gruslig,dieser Blick auf eine Gesellschaft, die antritt, eine Supermacht zu werden - und in der der einzelne Bürger nicht mehr zählt als ein Reiskorn in einem vollen Sack. 


Prädikat: ****

Boris Kálnoky: Ahnenland (Droemer)

Geschichten sind das magische Zentrum, das Herz einer jeden Familie. Das gilt auch für die Familie des Weltbürgers Boris Kálnoky - in München geboren, ungarischer und amerikanischer Staatsbürger, aufge- wachsen in vier Ländern. Doch als er schließlich seiner Heimat begegnet, hat dieses Erlebnis die Wucht eines Erdbebens: "Wir lernten alle möglichen Sprachen, es war ein schönes Leben, und nie hatten wir den Eindruck dazuzugehören, zu dem Land, in dem wir gerade lebten", beschreibt es Kálnoky. "Und dann dieser Tag in Köröspatak - wildfremde Menschen, die einen wiedererkennen, obwohl man noch nie da war, die einen küssen, umarmen und die Wangen tätscheln, und in die Augen sehen mit einem wachen Ausdruck, der prüft, bejaht und willkommen heißt, willkommen daheim, und ein jäher, scharfer Schmerz, dass man solches noch nie erfahren, noch nie dazugehörte." 
Der Autor beginnt, sich mit der Geschichte seiner Vorfahren aus- einanderzusetzen - und diese beginnt, sagen die Urkunden, als der König der Ungarn seinem Urahnen Bencenc 1252 ein Stück Land im Széklerland, im südlichen Karpatenbogen, schenkte. 1697 wird der Familie der Grafentitel verliehen. Ende des 19. Jahrhunderts diente ein Kálnoky Kaiser Franz Joseph als Außenminister. Doch nicht alle Familienmitglieder sind gleichermaßen wohlhabend; so bekommt die Familienchronik, die Kálnoky hier mit großer Sorgfalt zu Papier bringt, so manchen Farbtupfer. Mit dem Zerfall der k.u.k. Doppel- monarchie aber wurde das Leben in Köröspatak bereits kompliziert, berichtet der Autor. Und nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Familienmitglieder endgültig fliehen; sie konnten bestenfalls ihr Leben retten. Insofern steht diese Familiengeschichte exemplarisch für viele andere, die einst irgendwo im Osten über viele Genera- tionen eine Existenz aufgebaut hatten. Man darf gespannt sein, ob es den Kálnokys im heutigen Rumänien gelingt, die Geschichte weiter fortzuschreiben, die einst ihre Ahnen begonnen hatten. Ein außer- ordentlich spannendes Buch, das deutlich macht, wie politische Entscheidungen das Leben des Einzelnen beeinflussen und prägen. 


Prädikat: *****

Derek Nikitas: Scheiterhaufen (Knaur)

Lucia ist eine ganz normale Fünfzehn- jährige - doch als ihr Vater, ein Literatur- professor, bei einem missglückten Raub- überfall vor ihren Augen erschossen wird, ist ihr sorgloses Leben zu Ende. Denn  ihre Mutter versucht, sich das Leben zu nehmen, und verliert dabei ihr Gedächtnis. Und Nachbar Quinn, so etwas wie ihre Jugendliebe, erweist sich als Mitglied einer Bande; Luc, entführt, um eine größere Geldsumme zu erpressen, erkennt in einem seiner Kumpane den Mörder ihres Vaters. Wer Thriller liebt, die in einem Blutbad enden, der wird an diesem Buch Vergnügen finden. 


Prädikat: **

Sonntag, 8. April 2012

Vanessa Diffenbaugh: Die verborgene Sprache der Blumen (Droemer)

Die achtzehnjährige Victoria hat in ihrem Leben bisher nicht viel positives erlebt. Denn sie kennt nur Waisenhäuser und Pflegefamilien, und weil sie sich schon früh kratzbrüstig und widerspenstig gab, wurde das Mädchen wie ein Gegenstand weiter- gereicht. Victoria mag nur Blumen, denn sie erinnern sie an ihre Zeit bei Elizabeth, die sie wie eine Tochter angenommen und ihr die Sprache der Blumen beigebracht hat.
Das das ist Vergangenheit. Ein Job in einem kleinen Blumenladen hilft Victoria zumindest, Hunger und Obdachlosigkeit zu besiegen. Doch dann trifft sie beim Einkauf im Großmarkt den Gärtner Grant - und muss feststellen, dass er ebenfalls die Sprache der Blumen versteht. Eine Liebesgeschichte beginnt, die ebenso schwierig ist wie ihre Hauptpersonen, schwankend zwischen Nähe und Distanz, mit starken Gefühlen, großen Katastrophen und einem überraschenden Ende. Erwähnt sie hier zudem, dass der Verlag dieses Buch mit großer Sorgfalt gestaltet und in einem wunderschönen Kästchen verpackt hat. 


Prädikat: ***

Friedrich Ani: Süden und die Schlüsselkinder (Knaur)

Kurz vor Weihnachten verschwindet der zehnjährige Adrian aus einem Kinder- schutzhaus. Detektiv Tabor Süden, ein Meister im Aufspüren von Vermissten, soll ihn suchen. Dabei orientiert er sich an SMS, die der Junge seiner Freundin Fanny schickt. Denn damit zeigt Adrian an, welche Personen und Orte er aufsuchen möchte. Die Geschichte ähnelt zunächst einer Schnitzeljagd. Doch sie ist mitnichten fröhlich, und so ist Süden letztendlich froh, dass den kleinen Helden nichts passiert ist. Dem Leser wird schon bald klar: Auf eine Familie können Kinder wie Adrian nicht bauen. Eine beklemmende Milieustudie, von Friedrich Ani brillant in einen Roman verpackt, den man einen Krimi nicht mehr nennen möchte. 


Prädikat: *****

Tanja Kinkel: Das Spiel der Nachtigall (Droemer)

Über die Lebensgeschichte des Minne- sängers Walther von der Vogelweide ist nahezu nichts bekannt. Das wenige, was zu erfahren ist, verrät der Dichter in seinen Werken. Tanja Kinkel hat die Splitter eingesammelt und zu einem Lebensbild zusammengefügt. Sie erzählt die Geschichte eines Dichters, der aus einfachsten Verhältnissen stammt, aber schon früh begreift, dass Worte Waffen sind, die die Mächtigen dieser Welt mindestens ebenso fürchten wie Dolch und Schwert. Ein schöner Historienroman über jene Zeit, als sich die Staufer mit den Welfen um die Kaiserkrone stritten, komponiert mit Sorgfalt und Sachverstand. 


Prädikat: ****

Toni Feller: Das Gesucht des Todes (Heyne)

"Authentische Mordfälle" verspricht dieses Büchlein aus dem Heyne Verlag. Autor Toni Feller, Kriminalhauptkommissar, ist seit 1985 bei der Mordkommission des Polizeipräsidium Karlsruhe. Er weiß also, worüber er schreibt. Auch wenn er Mitglied der Polizei-Poeten ist - leider weiß er nicht wirklich, wie man schreibt. Auch ein Lektor scheint ihn nicht unterstützt zu haben, und das macht die Lektüre zu einer Strapaze. Dieses Buch ist so hausbacken wie Tante Ernas Tagebuch; ich kann es dem geneigten Publikum daher nicht empfehlen - trotz der spektakulären Mordfälle.


Prädikat: *

Maria, Mord und Mandelplätzchen (Knaur)

Ich gebe es zu - es ist nicht ganz der richtige Zeitpunkt, um einen Band vorzustellen, der ausschließlich Weihnachtskrimis enthält. Doch wer Verwandtschaft hat, die einen Krimi-Adventskalender schätzt, der sollte sich diesen hier rechtzeitig besorgen. Denn dieses Buch hat es in sich. Es enthält 24 superfiese Geschichten von 24 deutschen Autoren. Nicht alle davon sind bereits Stars. Doch ihre Krimis zeigen, dass sie das Zeug dazu haben, denn jede dieser Kurzgeschichten hat eine außerordentlich delikate Pointe. Da ist die junge Mutter, die kein Geld hat, Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder zu kaufen, und die in ihrer Verzweiflung beschließt, eine Bank zu überfallen. Dummerweise ist sie nicht die einzige, die auf diese Idee gekommen ist. Sandra Lüpkes berichtet auf dreieinhalb Seiten, warum seitdem die Kinder der davon überzeugt sind, dass in Wahrheit nicht der Weihnachtsmann, sondern der Bankdirektor die Geschenke bringt - meine persönliche Lieblingsgeschichte. Doch die anderen sind genauso gut. Stille Zeit, tödliche Zeit - und sämtliche Krimis spielen zwischen Sylt und Zugspitze. 


Prädikat: ****

Freitag, 6. April 2012

Susan Hill: Die Frau in Schwarz (Knaur)

Was für eine Geschichte! Ein junger Anwaltsgehilfe wird von seinem Chef in einen kleinen Ort geschickt, um dort eine Erbschaft zu ordnen. Doch schon bald bekommt Arthur Kipps ein mulmiges Gefühl. Denn auf dem Friedhof sieht er eine Frau und etwas seltsame Kinder, die kein anderer sieht. Die Anwohner, denen er davon berichtet, werden bleich - doch den Grund dafür sagen sie ihm nicht. Als er das Geheimnis herausgefunden hat, das auf dem Anwesen liegt wie ein Fluch, ist es zu spät. Das Buch zum aktuellen Film mit Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe - und ein Klassiker der englisches Schauerliteratur. 


Prädikat: ***

Carla Federico: Jenseits von Feuerland (Knaur)

Die Geschichte zweier Frauen, die sich eher zufällig begegnen: Emilia ist die Tochter deutscher Auswanderer. Sie flieht, weil sie ihrer Familie entkommen will, deren Geheimnis sie durch einen Zufall erfahren hat. 
Rita ist die Tochter einer Weißen und eines Mapuche. Als Mischling wird sie brutal verfolgt - doch sie will als Weiße anerkannt werden. Es gibt allerdings nicht viele Optionen, wie sich eine Frau allein durchschlagen kann. Denn diese Geschichte spielt in Chile, im 19. Jahrhundert. 
Carla Federico hat sie als eine spannende Familiensaga gestaltet, und auf die Fortsetzung darf man sehr gespannt sein. 


Prädikat: ***

Wolf Serno: Die Medica von Bologna (Knaur)

Mit einem Feuermal im Gesicht kommt Carla zur Welt. Ihre Mutter, die ihr Geld als Schneiderin verdient, und immerhin ein eigenes Haus besitzt, achtet darauf, dass das Kind nicht in der Stadt gesehen wird - denn wir befinden uns im 16. Jahrhundert, die Leute sind abergläubisch, und die Inquisition ist sehr aktiv. 
Carla hofft darauf, dass sie ein Medicus von der auffälligen Verfärbung befreien kann. Doch je mehr sie sich mit der Heilkunde befasst, desto mehr muss sie feststellen, wie wenig Ärzte bewirken können - und wie faszinierend die Medizin ist. Ein Studium an der berühmten Hochschule in ihrer Heimatstadt Bologna aber steht nur Männern offen. Und so pflegt Carla vormittags Patienten im Klosterspital - und schleicht sich dann auf den Dachboden über dem Hörsaal, um Vorlesungen anhören zu können. Die Geschichte einer unangepassten Frau - was für ein Märchen! aber es wäre nett, wenn... Das ist definitiv nicht das stärkste Werk von Wolf Serno. 


Prädikat: *

Teresa Fortis: Lockruf Saudia (Knaur)

Die junge Schweizerin Teresa Fortis freut sich, als sie bei Saudi Arabian Airlines eine Stelle als Stewardess bekommt. Voll Neugier und Abenteuerlust zieht sie ins Stewardessen-Camp Jeddah. Doch bevor sie die Welt kennenlernen kann, gilt es das Traineeprogramm der Airline zu absolvie- ren. 
Der Leser nimmt erstaunt zur Kenntnis, dass Stewardessen offenbar doch nicht nur lernen, wie man Passagiere begrüßt, lächelt und die kleinen Wägelchen mit den Getränken den Gang entlang schiebt. Das ist auch die Stärke des Buches - Fortis vermittelt ein ziemlich umfassendes Berufsbild, und wer von einer Karriere in der Uniform einer großen internationalen Fluggesellschaft träumt, der sollte ihren Bericht aufmerksam lesen. 
Zu zwei Dritteln besteht ihr Buch aber auch aus Geplauder. Man er- fährt etwas über Erlebnisse mit den Saudis, für die die Mädels offenbar die etwas luxuriösere Version der Hure sind, nette und weniger nette Begebenheiten, die Fortis auf ihren Flügen und mit den Kollegen erlebt hat, Ärger und Freude, ja, und auch ab und an Liebes- kummer. 


Prädikat: **

Dienstag, 3. April 2012

Kate Atkinson: Das vergessene Kind (Droemer)

Tracy Waterhouse, ehemalige Polizistin, erschrickt vor sich selbst: Soeben hat sie ein Kind gekauft, ein kleines Mädchen, das ganz offenbar nicht in den richtigen Händen war. Wie ein Schneeflocken wirbeln die Fragmente dieser Geschichte herum - doch es ist schwarzer Schnee, und immer mehr Leichen erscheinen. 
Zerstörte Leben, verstörte Seelen. Am Ende, wenn der Leser endlich die ganze Wahrheit weiß, erscheint alles nur noch viel grusliger. Autorin Kate Atkinson erhielt für dieses Buch den Deutschen Krimipreis 2012 - international.


Prädikat: **

Georges Simenon: Der fremde Vetter (Diogenes)

Frankreich, unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg. Eine deutsche Auswanderer- familie, die einen kleinen Ausschank für Kanalschiffer führt, gerät in große Verlegenheit, als jener junge Vetter auftaucht. Einerseits - man ist verwandt, und Hans ist auf der Flucht vor den Nazis. Andererseits - das Städtchen ist klein, die Krulls sind ohnehin dort nicht sehr beliebt und die Tatsache, dass der Vetter die dortigen Mädels behelligt, macht ihr Leben nicht leichter. 
Eines Tages wird die Leiche eines jungen Mädchens aus dem Kanal gefischt. Und schon bald ist sich die ganze Stadt einig, wo der Mörder zu suchen ist. Auch dieser Non-Maigret gehört trotz seines geringen Umfanges zu den großen Romanen Simenons. Wie er mit wenigen Andeutungen eine Szene entwirft, Charaktere entstehen und Situationen eskalieren lässt, das ist faszinierend. Unbedingt lesen! 


Prädikat: *****

Judith Merchant: Nibelungenmord (Knaur)

In jener sagenumwobenen Höhle des Riesengebirges, wo Siegfried angeblich einst den Drachen tötete, wird eine Frauenleiche gefunden. Und in Königswinter wird die Ehefrau eines Notars vermisst. Dieser wiederum hatte eine Affäre mit einer Malerin - sollte sie die Konkurrentin aus dem Wege geräumt haben? Doch die Tote ist nicht die Notarsgattin, sondern Studienrätin Valerie Koller. Die Kripo steht vor mehr als einem Rätsel. Judith Merchant, Germanistin und Dozentin für Literatur, hat als Erstling einen literarischen Krimi geschrieben, bei dem fast alle Spuren in die Irre führen. Raffiniert! 


Prädikat: ***