Sonntag, 8. Juli 2012

Jürg Amann: Der Kommandant (dtv)

"Angesichts der Wirklichkeit ist alles Er- finden obszön", meinte Jürg Amann. Er bekam die Aufzeichnungen des Rudolf Höß in die Hände, Erinnerungen, die der einstige Kommandant des Lagers Auschwitz nach seiner Verhaftung durch die britische Militärpolizei niedergeschrieben hat. Aus diesem Dokument hat Amann ein Mono- drama hergestellt, das, so der Autor, nahezu wortwörtlich auf Höß' Text basiert. Es ist die Lebensbeichte eines Mannes, der eigentlich Priester hatte werden wollen, sich dann aber doch für den Beruf des Soldaten entschieden hat - und den Gehorsam letztendlich weit über sein Gewissen stellt. Dieser Text ist grausig und faszinierend zugleich, weil er berichtet, wie es möglich ist, dass ein braver Familienvater tagsüber Menschen umbringen lässt - und nach Feierabend liebevoll über die Köpfe seiner Kinder streicht. 


Prädikat: ****

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