Samstag, 8. September 2012

Erika Riemann: Die Schleife an Stalins Bart (dtv)

Vierzehn Jahre alt war Erika Riemann, als der Zweite Weltkrieg zu Ende war. Und dann machte sie gleich zwei Fehler, die Aufmerksamkeit und Misstrauen der Besatzungsmacht weckten: Sie weigerte sich, einer russischen Majorin die Haare zu waschen, weil diese Läuse hatte. Und dem Stalin-Porträt, dass nun anstatt des Bildes von Adolf Hitler in ihrem Klassenzimmer hing, malte sie mit Lippenstift eine Schleife um den Schnauzbart. Das genügte, um Erika vor ein russisches Gericht zu bringen. Das Urteil: Zehn Jahre Sibirien. Doch das Mädchen hatte Glück, so makaber das klingen mag - nach acht Jahren Haft, die sie in Deutschland abgesessen hat, wurde sie entlassen.
Ihre Autobiographie, die sie viele Jahre später zu Papier bringt, gibt eindrucksvoll Zeugnis davon, mit welchen Methoden in den Anfangs- jahren die DDR regiert wurde. Dieses Buch ist ein bedeutendes Doku- ment einer Diktatur, die in ihrer Willkür für die Menschen schrecklich war, die ihr unterworfen waren. Riemann ist es gelungen, 1954 über die Grenze zu fliehen. Doch die Erlebnisse aus den Gefängnisjahren wurde sie nicht mehr los. Viele Jahre hat sie geschwiegen - umso wichtiger ist dieses Buch, das insbesondere auch an den Schulen gelesen und diskutiert werden sollte. 

Prädikat: ****

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