Freitag, 7. Juni 2013

Michael Tsokos: Die Klaviatur des Todes (Droemer)

Professor Dr. Michael Tsokos, einer der führenden Rechtsmediziner Deutschlands, berichtet von seiner Arbeit. Was er da schildert, das ist allerdings deutlich weniger spektakulär, als der Leser wahr- scheinlich erwarten wird - zumal dann, wenn er Fernsehkrimis liebt. Knalleffekte darf man von diesem Buch nicht erwarten; auch geschrieben ist es sachlich-nüchtern. 
Tsokos und seine Kollegen lesen aus den Spuren, die sich an den Leichen finden, mit wissenschaftlicher Akribie Informationen heraus. So gelingt es den Forensikern, zur Aufklärung kniffliger Kriminalfälle beizutragen. Denn nicht selten legen die Täter falsche Spuren. 
Einen wesentlichen Teil des Buches widmet Tsokos der Kohlen- monoxid-Vergiftung. Es ist erstaunlich, doch noch immer sterben hierzulande viele Menschen daran, dass sie dieses heimtückische Gas eingeatmet haben. Blockierte Schornsteine, defekte Gasthermen, Auspuffgase - das sind nur einige der Ursachen, die den Rechts- medizinern begegnen. Offensichtlich will Tsokos in seinem Buch die Aufmerksamkeit auf diese Gefahren lenken.  

Prädikat: **

Kati Nauman: Die Liebhaber meiner Töchter (Knaur)

Dies ist die Geschichte einer Familie, die regiert wird von Nina, der Übermutter, die sich um alles kümmert. Auch dann noch, als die drei Töchter eigentlich schon erwachsen sind, und Mannsbilder mit nach Hause bringen. Naja, Mannsbilder sind es ja eigentlich nicht, sondern eher wandelnde Problemchen - und prompt nimmt Nina Noah, Till und Konrad in Fürsorge, zumal ihre Töchter die Liebhaber schon bald wieder abserviert haben. 
Greta, Marlene und Lotta flüchten. Und Vater Peter schließt sich ihnen seufzend an. Denn im einstigen Heim der Familie haben sich die Exfreunde eingenistet, bemuttert durch Nina. Dieser Roman von Kati Naumann  liest sich wie eine Semester- arbeit im Fach Kreatives Schreiben. Wer seichte Unterhaltung schätzt, bemüht witzig formuliert und mit einer Handlung voraus- sagbar wie die Laufzeit einer Waschmaschine, der wird dieses Buch lieben.

Prädikat: --

Karen Rose: Todeskleid (Knaur)

Privatdetektivin Paige Holden sucht einen Mörder. Denn der Gärtner, der für die Tat im Gefängnis sitzt, behauptet, das Kind nicht umgebracht zu haben. Von seiner Unschuld überzeugt ist die Detektivin freilich erst, als sie beobachtet, wie seine Frau auf offener Straße von einem Scharf- schützen erschossen wird. 
Holden ermittelt - und findet Leichen, wohin sie auch fährt. Sie entrinnt selbst nur knapp einem Mordanschlag, und hat nun einen wichtigen Verbündeten - Staatsanwalt Grayson Smith. Denn die Spur führt bald in höchste Kreise. Sie wird immer länger, und sie wird unappetitlich: Blaue Kleider, blonde Locken, tote Mädchen. Dieser Krimi von Karen Rose ist so lebensnah wie das Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf - und trotzdem so spannend, dass man das Buch gar nicht wieder aus der Hand legen möchte. 

Prädikat: ***

P. D. James: Der Tod kommt nach Pemberley (Droemer)

 "Sollen andere Federn bei Schuld und Elend verweilen. Ich verlasse dergleichen abscheuliche Themen, so schnell ich kann, und beeile mich, jeden, der sich nichts Schlimmes zuschulden kommen ließ, wieder in leidliches Wohlergehen zu versetzen und die übrigen zu vergessen." So hat es Jane Austen einmal in einem ihrer Bücher auf den Punkt gebracht; Phylllis Dorothy James aber, die "Queen of Crime", hat dazu eine gänzlich andere Meinung. Und so hat sie das Figuren- ensemble, das Jane Austen einst in ihrem berühmten Roman "Stolz und Vorurteil" entworfen hat, erneut zu literarischem Leben erweckt. Sie wagt sich daran, einige delikate Vorgänge zu erhellen, die die Kollegin vor 200 Jahren lieber nicht im Detail erzählen wollte. Dieser Roman ist nicht in erster Linie ein Krimi, auch wenn es darum um eine Leiche und einen Mörder geht. James schreibt vielmehr Austens Roman weiter - mit Fingerspitzen- gefühl, aber auch einer gehörigen Portion Witz. 

Prädikat: ****

Friedrich Ani: Süden und das heimliche Leben (Knaur)

Kellnerin Ilka Senner ist fleißig und zuver- lässig. Als das Wirtsehepaar genug hat von der Gastronomie, soll sie das Lokal über- nehmen - doch plötzlich ist sie verschwun- den. 
Sowohl ihr Chef als auch die Stammgäste sind fest davon überzeugt, dass Ilka einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Sie legen zusammen und engagieren Tabor Süden; der Detektiv soll herausfinden, wo die bewährte Servierkraft steckt. Süden ahnt schon bald, warum sie von der Aussicht auf Aufstieg gar nicht begeistert ist - aber wie peinlich ihr das ist, das ahnt keiner. 

Prädikat: ***

Donnerstag, 6. Juni 2013

Karen Rose: Todesherz (Knaur)

Gerichtsmedizinerin Lucy Trask ist nicht leicht zu schockieren. Doch dann platziert jemand eine Leiche an ihrer täglichen Joggingstrecke, und richtet sie so her, dass sie zunächst denken muss, es handele sich um ihren verehrten Musiklehrer. 
Lucy zweifelt keine Sekunde daran, dass diese Inszenierung ganz gezielt dort platziert wurde. Die Details sind grauenvoll; Zunge und Herz wurden dem Toten fach- männisch entfernt. Weitere Leichen folgen, ebenso verstümmelt - und die Herzen schickt der Täter an die Gerichtsmedizinerin. Kein Zweifel, dies ist ein persönlich motivierter Rachefeldzug. 
Die Suche nach dem Täter führt Lucy in ihre Vergangenheit. Dabei steht glücklicherweise Detective J.D. Fitzpatrick an ihrer Seite - was die Ausflüge in die frühere Heimat nicht ganz so gruslig macht. Was könnte der Grund für die Mordserie sein? Und wer könnte einen derartigen Hass auf Lucy haben? Der Leser hat es bald heraus. Doch die Autorin ist raffiniert genug, den Rest des Buches so spannend zu machen, dass man trotzdem weiterliest. Bis zur letzten Seite. 

Prädikat: ***

Katryn Berlinger: Das Geheimnis der Herzkirschen (Knaur)

Ausgerechnet auf der Hochzeit ihrer besten Freundin, vor allen Gästen, macht ihr Freund mit Isabel Schluss - und nun ist sie obendrein auch noch ihren Job los! Isabel ist verletzt und verunsichert. Glücklicherweise helfen ihr Freunde weiter, denn auf die eigene Familie kann die junge Frau nicht bauen. Ihre Mutter gilt zwar als Super-Lehrerin, ist aber zu ihrer Tochter seltsam schroff, kalt und abweisend. Sie erzählt Isabel, dass in ihrer Familie die Liebe nie eine Rolle gespielt habe. 
Nach dem Tod der Mutter allerdings erfährt Isabel von einem über- raschenden Vermächtnis: Eine schwedische Glasmalerin, deren Name ihr vollkommen unbekannt ist, hat sie im Jahr ihrer Geburt als Erbin eines Grundstücks eingesetzt. Schon bald erkennt Isabel, dass sie mit dem Haus am See auch einen Sack Rätsel geerbt hat. Und dass dies offenbar etwas mit ihrer Familiengeschichte zu tun hat. Katryn Berlinger ist eine grandiose Familiensaga gelungen, die buchstäblich rund um die Welt und durch die Zeiten führt. 

Prädikat: ***

Schimun Wrotschek: Piter (Heyne)

Russland, im Jahr 2033. Nach einem verheerenden Krieg sind die Metropolen der Welt unbewohnbar. Alle, die nicht recht- zeitig einen sicheren Unterschlupf gefun- den haben, sind ums Leben gekommen. Die Erde ist verseucht. In den verlassenen Straßen tummeln sich Mutanten, und auch im Wasser leben seltsame, furchterregende Wesen, denen man besser nicht zu nahe kommt. 
Dmitri Glukhovsky hat mit seinem Roman "Metro 2033" ein Szenarium erdacht, das mittlerweile eine ganze Autoren-Gemeinde zu eigenen Romanen inspiriert hat. Schimun Wrotschek beispielsweise berichtet vom Überleben in den Tunneln des U-Bahn-Netzes von St. Petersburg. Dort haben sich Lebensgemeinschaften etabliert, die teilweise bizarren Regeln folgen - und einander erbittert bekämpfen. Wer sich lang nicht mehr gegruselt hat - diese Zukunftsvision bietet genug Anlass dazu. 

Prädikat: ****

Mittwoch, 5. Juni 2013

Su Turhan: Kommissar Pascha (Knaur)

Eigentlich hatte Zeki Demirbilek die Nase voll von seinem Dasein als Polizist, von Deutschland und vor allem auch von München. Doch dann soll er plötzlich Chef werden, ein Team führen - ausgerechnet er, der keinem Streit aus dem Weg und lieber seine eigenen Wege geht. 
Die Umstände nehmen ihm die Entschei- dung ab. Denn aus dem Eisbach wird eine Leiche gezogen - wahrscheinlich ein Türke, und in seiner Brust stecken Reißnagel. Sie bilden in arabischer Schrift das Wort "Scheitan". Warum der Tote der Teufel sein soll, das ist zunächst ein Rätsel. Doch bald gibt es noch weitere Tote - und etliche Mörder. Ein kniffliger Fall für Kommissar Pascha und sein bayerisch-türkisches Team, und eine gelungene Krimi-Premiere für Su Turhan. 

Prädikat: **

Dienstag, 4. Juni 2013

Brenda Stumpf: Das erotische Potential meines Kleingärtnervereins (Knaur)

Brenda Stumpf, dem aufmerksamen Leser dieses Blogs bereits bekannt als einstige Köchin der Zeche Zollverein ("Bratkartoffeln für Tina Turner"), lässt sich von ihrer Mutter eine Laus ins Ohr setzen. Eine Blattlaus, um präzis zu sein. 
Nach einem Aufenthalt in der Heimat zieht die Autorin also los, um fürderhin selbst mehr als den Balkon zu begrünen - und findet auch prompt den idealen Kleingar- ten. In diesem Buch erzählt sie von den Mühen des Rasenmähens und Unkraut- jätens, die sie gemeinsam mit einer Freundin aber locker bewältigt. Und während die Rosen blühen und die Nachbarn die beiden neuen Mitglieder zunehmend in den Kleingartenverein integrieren, startet Stumpf ein weiteres Projekt, das sie mit der gleichen Energie angeht: Die Suche nach einem Partner, der gemeinsam mit ihr Beete und Dasein beackert. In diesem Buch geht es aber, anders als vom Verlag suggeriert, mehr um das Um- als das Angraben. Und das ist ziemlich gut so. Wer auf der Suche nach humorvoller Unterhaltung ist, der wird von diesem Buch nicht enttäuscht. 

Prädikat: **

Harriet Evans: Das Buch der verborgenen Wünsche (Knaur)

Jedes Jahr im Sommer treffen sich Familie und Freunde in Cornwall. Doch das Idyll hat Brüche, und als dann ein junges Mädchen von den Klippen stürzt und dabei ums Leben kommt, verändert sich alles. Das ist lange her. Die Schwester der Verunglückten hat mittlerweile selbst eine erwachsene Tochter. Doch die Familie ist durch den Unfall geprägt - nicht nur durch den Unfall, stellt Natasha fest, als sie nach dem Tod ihrer Großmutter das Tagebuch der Tante findet und liest. Die junge Frau erfährt Geheimnisse, die über Generationen sorgsam gehütet worden sind. Und damit gelingt es ihr, auch ihr eigenes Leben neu zu ordnen. Eine gut lesbare Sommergeschichte. 

Prädikat: *

Jenny Valentine: Kaputte Suppe (dtv)

"Ich bin in den Zoo gegangen. Mit meiner Mama und meinem Papa. Wir haben Tiger gesehen. Ich habe Popcorn gegessen. Es war lustig." So berichtet die kleine Stroma, beinahe sechs, im Kindergarten über ihr Wochenende. Doch lustig ist ihr Leben schon lang nicht mehr. Denn ihre Eltern haben sich getrennt. Die Mutter ist nach dem Tod ihres geliebten Sohnes Jack in Depressionen ver- sunken. Rowan, die ältere Tochter, führt den Haushalt und kümmert sich um Stroma. Seitdem ihr Vater ausgezogen ist, ist die Schule für sie "wie Ferien", schreibt Jenny Valentine, die sich diese irre Geschichte ausgedacht hat. Doch dann lernt Rowan Bee lernen, die die gleiche Schule besucht. Die Mädchen werden Freundinnen. Und schließlich erfährt Rowan, dass Sonny keineswegs der Bruder von Bee ist - sondern ihr Sohn, und der von Jack. 
Jenny Valentine berichtet in ihrem Buch über den Alltag in einer ganz nicht alltäglichen Familie, und darüber, wie es ist, wenn Kinder erwachsen werden müssen, damit Erwachsene sich benehmen können wie Kinder. Ein Buch, das ebenso schockierend ist wie großartig. Ein wichtiges Kinderbuch, das sich an ein Tabuthema wagt. 

Prädikat: ****

Montag, 3. Juni 2013

Volker Klüpfel, Michael Kobr: Herzblut (Droemer)

Hauptkommissar Kluftinger fürchtet um seine Gesundheit. Da ist andauernd dieses Stechen in der Brust - und dann bekommt er obendrein noch einen Anruf, und ist sich absolut sicher, einen Mord gehört zu haben. Nur glaubt ihm das keiner - bis Kluftinger dann auch die Leiche aufgespürt hat. Es bleibt nicht die letzte. Und statt zur Kur geht der Polizist daher auf die Jagd nach einem Serienmörder. 
Die beiden Autoren haben einen handfesten und streckenweise zudem urkomischen All- gäu-Krimi geschrieben - doch lachen mag man zumeist nicht darüber; zu grausig ist die Wahnwelt, in der sich die Täter bewegen. Den Schmerz allerdings wird Kluftinger los - im Zweikampf mit dem Mör- der, Details bitte im Buch nachlesen. Das lohnt sich. 

Prädikat: ****

Angus Donald: Der Kreuzfahrer (Knaur)

Angus Donald berichtet vom dritten Kreuz- zug, bei dem 1190 eine Schar edler Herren nebst ihren Waffenknechten und einer noch viel größeren Schar Gesindel ins Heilige Land zog. 
An der Seite von König Richard Löwenherz lässt der Autor den Earl of Locksley kämpfen, besser bekannt als Robin Hood. In einer spannenden Geschichte erzählt er, wie aus dem Gesetzlosen ein Adliger wird - selbstsüchtig, grausam und gierig wie all seine Zeitgenossen. Diese Deutung der Saga ist nur konsequent; und auch literarisch ist ihm der Historien- roman überzeugend gelungen. 

Prädikat: ***

Alexis Jenni: Die französische Kunst des Krieges (Luchterhand)

Als 1991 der zweite Golfkrieg beginnt, wird der Erzähler dieses Romans arbeitslos. In einem Bistro lernt er Victorien Salagnon kennen. Und während im Fernsehen die Bilder aus dem Irak die Nachrichten prägen, kommen sich die beiden Männer näher. Salagnon unterweist den Erzähler im Zeichnen - und er berichtet vom Krieg. Der staunende Leser erfährt Geschichten, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Denn Salagnon hat in der Résistance gekämpft, in Indochina und in Algerien. Dort hat er Dinge erlebt, die keine Kamera aufgezeichnet hat - und von denen auch der Leser bislang wahrscheinlich nichts wusste. Dieses Buch zeigt das hässliche Gesicht Frankreichs, einer Nation, die auf Frei- heit, Gleichheit und Brüderlichkeit spuckt, sobald es um Macht geht. Schockierend! 

Prädikat: ***

Sonntag, 2. Juni 2013

Lena Johannson: Die Ärztin von Rügen (Knaur)

Rügen um 1890 - die Insel verändert sich. Und das liegt nicht nur an der Eisenbahn, die Rügen mit dem Festland verbinden soll. Der beginnende Badebetrieb hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Insel- bewohner. So begegnet Landarzt Dr. Carl Utpatel plötzlich Kollegen vom Festland, die ihr Geld damit verdienen wollen, die Kurgäste zu betreuen. Nicht alle von ihnen sind nette Menschen, muss auch seine Tochter Anne feststellen. Es dauert seine Zeit, bis sich herausstellt, dass der ver- meintliche Dr. Franzen nicht nur trunksüchtig und unsympathisch ist, sondern obendrein ein Betrüger, der von Medizin keine Ahnung hat. Ein unterhaltsamer Roman von Lena Johannson, stimmig inszeniert vor einer beeindruckenden historischen Kulisse. 

Prädikat: **

Dona Kujacinski, Peter Kohl: Hannelore Kohl (Knaur)

Sie war die Frau hinter einem mächtigen Mann - und dieses Buch macht deutlich, dass Hannelore Kohl mitnichten das Blondchen war, als das sie Journalisten gern beschrieben haben. Dona Kujacinski hat Hannelore Kohl bei ausführlichen Interviewgesprächen ganz anders erlebt. Gemeinsam mit den Kohl-Söhnen, insbe- sondere Peter Kohl und seiner Frau Elif,
hat die Autorin daher diese Biographie geschrieben. 

Sie führt von Hannelores Kindertagen in Leipzig bis hin zu ihrem Leben an der Seite des Politikers Helmut Kohl, den sie als Gymnasiastin kennenlernt - und dem sie treu bleibt bis an ihr tragisches Lebensende. Dieses Buch zeigt, dass die elegante Frau, die man von den vielen Fotos kennt, enorm viel geleistet hat - für ihren Mann, für Familie und Freunde, in der politischen Welt und vor allem auch für das Kuratorium ZNS und die Hannelore-Kohl-Stiftung, die sich für die Rehabilitation von Unfall- opfern mit Hirnverletzungen einsetzen. Wir erleben Hannelore Kohl als eine beeindruckende Persönlichkeit, die mit ihrem Engagement viel verändert hat. Beifall war ihr dabei wohl nicht so wichtig - aber es ist nur gerecht, wenn dieses Buch posthum das Bild, das die Presse von der Politikergattin vermittelt hat, in wesentlichen Punkten korrigiert. 

Prädikat: ****

Samstag, 1. Juni 2013

Amy Chua: Die Mutter des Erfolges (dtv)

Andere Leute erziehen ihre Kinder anders. Und sie haben Erfolg damit. Ihre Kinder sind höflich, sozial angepasst, gut in der Schule - und sie musizieren brillant. Wie viele Teenager geben ein Konzert in der Carnegie Hall? Eine Tochter von Amy Chua hat das geschafft, und die Professorin berichtet in diesem Buch über ihren Weg dorthin. Dafür wurde sie heftig angefeindet - denn im ach so liberalen Westen darf man von Kindern nichts fordern. Die lieben Kleinen sollen rund um die Uhr Spaß haben. Doch das Leben später ist kein Ponyhof; wer ehrlich ist, der wird zugeben, dass die radikalen Methoden der chinesischen Mutter ganz sicher auch Vorteile haben. Zumindest nachdenklich sollte dieses Buch machen.

Prädikat: ****

Monika Bittl, Silke Neumayer: Muttitasking (Knaur)

Wie viele Seiten kann man mit Text füllen, ohne wirklich etwas zu sagen? Dieses Experiment wagen hier Monika Bittl und Silke Neumayer. Die beiden Autorinnen erzählen Belangloses, das jedem bestens vertraut ist, der eine Familie hat - nur kommen glücklicherweise andere Leute nicht auf die Idee, solche Anekdötchen zu einem Buch auszuwalzen. Schade um das Papier. 

Prädikat: --

Simone Buchholz: Eisnattern (Droemer)

Vorweihnacht an der Elbe. Staatsanwältin Chastity Riley hat ein Problem. Denn sie mag Weihnachten nicht, sie hat Urlaub - und dann steht plötzlich ihre vor Zeiten in die USA entschwundene Mutter vor der Tür. Und so stürzt sie sich mit Feuereifer in die Arbeit - denn irgend jemand prügelt Obdachlose halb tot, und dann verschwinden auch noch zwei Teenager. Ein 1A-Hamburg-Krimi von Simone Buchholz, mit viel Lokalkolorit und einem verblüffenden Schluss. 

Prädikat: ***

Giles Blunt: Eismord (Knaur)

In dem kleinen Ort in Kanada ist nicht viel los; es ist Winter, und nur ein paar Pelzhändler treffen sich jedes Jahr in der Region. Doch dann werden in einem Ferienhaus zwei Leichen gefunden, und es geschehen innerhalb kurzer Zeit noch einige weitere seltsame Verbrechen. Detective John Cardinal setzt alles daran, die Täter zu finden. Doch er ist nicht allein auf ihrer Spur; auch eine Journalistin gibt sich alle Mühe, sie aufzuspüren. Ein spannender Krimi - mit einem brutalen Finale. 

Prädikat: **

Freitag, 31. Mai 2013

Karl-Wilhelm Weeber: Von Achillesfersen und Trojanern (Reclam)

Noch unsere Großeltern haben auf dem Gymnasium viele Stunden damit verbracht, die Sprachen der Antike, insbesondere Altgriechisch und Latein, zu lernen und die Klassiker zu lesen. Sie kannten sich mit der Dichtung des Altertums und mit antiken historischen Ereignissen ziemlich gut aus, und haben wie selbstverständlich eine Menge Ausdrücke und Redewendungen, die sich darauf beziehen, in ihren Alltag über- nommen. 
Heute sind die meisten Gymnasiasten kaum noch in der Lage, fehlerfrei Deutsch zu schreiben. Und was ein Danaergeschenk ist, ein Pyrrhussieg oder ein gordischer Knoten, das ist ihnen ein Mysterium. In diesem Buch erklärt Karl-Wilhelm Weeber, Althistoriker und Klassischer Philologe, in unterhaltsamer Form, welche Wurzeln Begriffe wie Mentor, Asyl oder Strategie haben. Er erläutert, warum der Trojaner, der einen Computer befällt, eigentlich Grieche heißen müsste, und weist auch sonst auf so manche Kuriosität hin. Sprachgeschichte, spannend erklärt! Dieses Bändchen müsste eigentlich in der Oberstufe zur Pflichtlektüre gehören. 

Prädikat: *****

Samstag, 4. Mai 2013

Sabine Ebert: 1813 - Kriegsfeuer (Knaur)

Dieses dicke Buch berichtet über das Jahr 1813 - ein Kriegsjahr, das für die Menschen in Mitteldeutschland unglaubliches Leid, Not und eine Vielzahl von Scharmützeln und Schlachten brachte. Sabine Eberle hat, wie schon für ihre Romane um die Stadt Frei- berg, die Wettiner und die Hebamme Marthe, die Dokumente gründlich befragt. So erzählt die Autorin zwar spannende Ge- schichten, der Leser darf sich aber oben- drein darauf verlassen, dass die Fakten stimmen. Und neben den erfundenen Figuren, die Farbe in den Roman bringen, finden sich jede Menge historische Gestalten: Ein zaudernder König und zynische Diplomaten im Ringen um Europas zukünftige Grenzen, Generäle, die mit Blut Geschichte schreiben, und brave Bürger, die versuchen, zwischen den Fronten ihre Existenz zu retten. Wer etwas über die Völkerschlacht erfahren will - dieses brillante Buch vermittelt viele Aspekte, die man in den Geschichtsbüchern nicht finden kann. 

Prädikat: ****

Mittwoch, 1. Mai 2013

Christian Limmer: Saubär (Droemer)

"Findet ihr nicht, dass das wie Ripperl riecht?" Das fragt Schorsch seine Kollegen, die ziemlich entgeistert auf die Leichen im abgebrannten Kombi eines Bauern starren, der den Leuten im Dorf als "Saubauer Hias" ein Begriff war. Außerdem hat die Leiche zu viele Rippen, stellt Schorsch fest. Als Sohn des örtlichen Metzgers ist er da Experte. Und in der Tat sind die fünf verkohlten Leichen in dem Auto - Schweine. 
Bald findet sich aber auch der Bauer; er liegt tot im Kofferraum. Sein Anwesen ist ver- wüstet. Und im Dorf verbreitet sich umgehend das Gerücht, der Saubär, eine mörderische Fabelgestalt, habe da wohl seine Krallen im Spiel. 
Christian Limmer legt seinen zweiten Niederbayern-Krimi vor, und erneut spürt der Leser eine kräftige Prise Landluft. Doch die ist heute auch nicht mehr, was sie einst war. Denn Polizeihauptmeisterin Gisela Wegmeyer und ihre drei Dorfpolizisten Erwin, Richie und Schorsch müssen bald feststellen, dass Drogen in Niedernussdorf Einzug gehalten haben. Und so nimmt dieser Krimi, der mitunter recht deftig-komödiantisch daherkommt, schon bald eine ganz und gar tragische Wendung. 

Prädikat: ****

Georges Simenon: Der Präsident (Diogenes)

Er ist ein alter Mann, der ehemalige Prä- sident, und er lebt zurückgezogen in seinem Haus an der Kanalküste. Er hat schon so manche Regierungskrise erlebt - und auch diese jetzt, die er aus der Entfernung beobachtet, bringt für ihn keine Über- raschung. Bis auf eine: Der Kandidat, sein ehemaliger Sekretär, den er mit einem Dokument aus seiner reichhaltigen Sammlung jederzeit erledigen könnte, ignoriert ihn. "Der alte Mann und die Macht" - so könnte man diesen Roman auch nennen. Simenon zeigt darin mit der Intensität eines Kammerspiels, wie die Welt des alten Politikers zusammenschrumpft - bis auch er selbst jede Bedeutung verloren hat. 

Prädikat: *****

Caroline L.Jensen: Frau Bengtsson geht zum Teufel (Droemer)

Frau Bengtsson ist eine normale schwedische Hausfrau - jedenfalls bis zu dem Tag, an dem sie in der Badewanne ertrinkt. Gott aber schenkt ihr großmütig das Leben. Der Teufel beobachtet es, und sieht seine Chance gekommen, dem Herrn ein Schnippchen zu schlagen. Dazu fährt er in den Körper der Nachbarin Rakel, einer Theologiestudentin, bei der Frau Bengtsson dann, wie vermutet, Rat in Glaubensfragen sucht. 
Die Geschichte ist erschienen, als Papst Benedikt gerade beschlossen hatte, in Rente zu gehen. In diesem Kontext las sich das ganz witzig. Doch Caroline L. Jensen gelingt es nicht, aus ihrer Hiob-Paraphrase mehr zu machen als einen Unter- haltungsroman. Und der liest sich stellenweise mühsam - zumal Frau Bengtsson eigentlich wenig Vergnügen an der Sünde hat. 

Prädikat: *

Michel Ruge: Bordsteinkönig (Knaur)

Dies ist die Lebensgeschichte von Michel Ruge, geboren 1969 auf Sankt Pauli. Der Vater: Bordellbesitzer. Die Mutter: Kellnerin – oder so. Um den Jungen kümmert sich die Oma; er wächst in einem Etablissement auf, dessen Zweck er zunächst nicht versteht. Einer Hure verdankt Michel auch seinen ersten Sex, mit Zwölf. Und während er der Schule gar nichts abgewinnen kann, bewundert er die Luden, die im Mercedes auf der Reeperbahn vorfahren. 
Selbstverständlich wird ein Junge aus dem Kiez Mitglied einer Gang. Doch dann staunt der Leser. Denn die Berichte von den Schlägereien und Auseinandersetzungen, die sich die Kids untereinander liefern, machen den Hauptteil dieses Buches aus. Das ist nicht eben viel Substanz für eine "wilde Jugend" - aber ziemlich viel Nostalgie. Was soll denn das? so alt ist der Autor doch noch gar nicht. Und so mancher Satz zeigt, dass er die Veränderun- gen um sich herum sehr wohl mit wachen Augen beobachtet hat. Schade, aber da sehe ich mehr Potential für eine spannende Geschichte. 

Prädikat: --

Karin Engel: Der geheime Salon (Knaur)

Charlotte kehrt nach Bremen zurück. Die 38jährige ist gerade Witwe geworden; ihre Familie hat sich gerade ein neues Gebäude gegönnt, so dass die alte Villa leer steht. Dort zieht Charlotte ein. Sie gilt als steinreiche Großgrundbesitzerin. Niemand ahnt, dass ihr auf Mallorca kein Knopf mehr gehört. 
Charlotte will aber nicht Trost, sie will Rache. Und bald findet sie heraus, warum sie von ihrem Vater enterbt und in die Fremde verheiratet worden ist. Autorin Karin Engel schickt ihr in diesem Roman eine ganze Schar Unter- stützerinnen. Die Geschichte ist turbulent und unterhaltsam - aber wenig wahrscheinlich. 

Prädikat: --

Andrea Volk: Wenn Sie jetzt anrufen, bekommen Sie den Moderator gratis dazu (Heyne)

Es ist ein Millionengeschäft - unbegreif- licherweise. Doch offenbar gibt es genug Leute, die sich beschwatzen lassen, per Teleshopping WC-Reiniger, Klamotten, Bügeleisen oder Gartenzwerge zu kaufen. Andrea Volk hat bei einem der Marktführer gearbeitet, und beschreibt in ihrem Buch ebenso drastisch wie unterhaltsam, mit welchen Methoden in diesem Geschäft die Umsätze gemacht werden. Das ist so kurios, das kann nur wahr sein. 

Prädikat: **

Lotte und Sören Hammer: Das weisse Grab (Droemer)

In Grönland wird eine Leiche im Eis ge- funden. Es handelt sich um eine Kranken- schwester, die vor vielen Jahren von einer amerikanischen Radarstation verschwunden ist. Die Details lassen keinen Zweifel daran, dass ein Serienmörder am Werk ist - denn eine weitere Leiche, die ähnlich zugerichtet war, hat Kriminalhauptkommis- sar Konrad Simonsen schon vor Jahren gesehen. Damals wurde offenbar der falsche Mann für die Tat verurteilt. 
Im hohen Norden aber lässt sich schnell herausfinden, wer als Täter in Frage kommt. Doch das hilft der Polizei nicht weiter, wie sich bald herausstellt, denn zunächst fehlen Beweise. Und so kommt der Mörder frei - ein Psychopath, der sich umgehend zwei weitere Opfer greift, und dann untertaucht. Dieser Krimi ist so spannend, dass man ihn nicht mehr aus der Hand legen möchte, bis man die letzte Seite gelesen hat - Kompliment an die Autoren, das ist wirklich brillant! 

Prädikat: ****

Montag, 29. April 2013

Hans Sahl: Der Mann, der sich selbst besuchte (Luchterhand)

In vier Bänden sind die Werke von Hans Sahl (1902 bis 1993) bei Luchterhand erschienen. Der Autor, Sohn eines jüdischen Industriel- len aus Dresden, begann Mitte der 20er Jahre mit dem Schreiben. Vor den Nazis floh er über Frankreich in die USA. 
Doch er blieb Europa zugewandt, und arbei- tete nach Kriegsende als Korrespondent zunächst für die Zürcher Zeitung, dann für die Süddeutsche. 1989 kehrte er schließlich nach Deutschland zurück, seinen Lebens- abend verbrachte er in Tübingen. 
Dieser letzte Band der Werkausgabe enthält die Erzählungen und Glossen von Hans Sahl. Die Texte sind ein Ereignis. Ich bin begeistert - eine derartige Präzision im Ausdruck, sprachliche Sensibilität und Treffsicherheit in den Pointen findet sich wirklich selten. Sahl vereint in seinen Texten Lakonie und Witz. Selbstverständlich ist auch ihm nicht jede Zeile gelungen. Dennoch sind seine Werke weit mehr als bloße Zeitdokumente. Was für eine Entdeckung! 

Prädikat: ****

Petra van Laak: Auf eigenen Beinen (Droemer)

"Eine vierfache Mutter startet in die Selbständigkeit", so rühmt die Unterzeile dieses Buches. Wie schön, aber hatten wir davon nicht bereits in aller Ausführlichkeit gelesen? Da gab es doch schon ein Buch, wo die rührende Geschichte erzählt wird, wie die ehemalige Managergattin mit ihren vier Kindern aus der Villa in eine Bruchbude zieht - und dann mit diversen Jobs ver- sucht, ein akzeptables Einkommen zu er- zielen. Denn Hartz IV ist zugegebenerweise für eine studierte Kunstwissenschaftlerin nicht ganz standesgemäß.  
Dass Petra van Laak ihr Geld nun mit Texten verdient, das wissen wir bereits aus Band eins. Und Band zwei verrät, ehrlich gesagt, nicht wirklich mehr - abgesehen davon vielleicht, dass textvanlaak unbedingt ein Büro braucht, weil frau zu Hause nicht kreativ arbeiten kann. Und dass es eine Internet-Seite gibt, über die die Leute doch, bittebitte, die Autorin kontaktieren können. Respekt! So eine schicke, dicke Werbebroschüre in einem namhaften deutschen Verlag gedruckt zu bekommen, das gelingt wirklich nicht jedem. 

Prädikat: --

Montag, 22. April 2013

Karl O. Kagel: Geschenksendung, keine Handelsware (Athene Media)

Professor Dr. Karl Otto Kagel floh 1988 mit seiner Familie aus der DDR. In diesem Buch erzählt er seine Geschichte. Sie beginnt in einem Bauernhof in Vorpommern - und führt Kagel bis zu einer Professur an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald. 
Viele kleine Nadelstiche sind es dann, die dem Chirurgen und Radiologen das Dasein im Arbeiter- und Bauernstaat vermiesen. Irgendwann sieht er für sich und seine Angehörigen dort keine Zukunft mehr - und wählt die Flucht, die er glücklicherweise sehr klug vorbereitet hat. Was er dann allerdings über seine Ankunft im "Westen" berich- tet, das ist desillusionierend. Wie also kann man ein anständiger Mensch bleiben, inmitten von Intrigen, Neid und Korruption? Die Antworten, die Kagel darauf gibt, lassen für unsere Gesellschaft grundsätzlich nicht viel Hoffnung. 

Prädikat: ****

Donnerstag, 4. April 2013

Reinhard Jirgl: Mutter Vater Roman (dtv)

Dieses Buch hat mich schon fasziniert, als es 1990 erstmals im Aufbau Verlag er- schien. Auch wenn die Auseinandersetzung mit der Nachkriegszeit, die Suche nach den Rissen in Fundament der DDR-Gesellschaft, aus denen die alten Gespenster gekrochen kommen, nicht das beherrschende Thema meiner Generation ist, so ist die Collage, die Jirgl hier aus Textfetzen montiert hat, doch sehr beeindruckend. Der Mutter Vater Roman  liest sich nicht unbedingt einfach, aber er berichtet unglaublich viel über die Konstruktion von Identität - und über die Doppelbödigkeit von Sprache. 

Prädikat: ***

Anne Hertz: Flitterwochen (Knaur)

Lehrerin Tine will ihren Verlobten, Bank- direktor Alexander, heiraten - und zwar auf den Seychellen, denn ihr wurde geweissagt, dass ihre Hochzeit zur Osterzeit im Ausland stattfinden wird. Als sie aber zur Bank fährt, um nach dem Brautkleid auch noch ein paar Seychellen-Rupien für die Reise abzuholen, passiert ihr ein Missgeschick. Und so kommt es, dass sie wenig später mit Oma Strelow, einer Urne mit der Asche von Opa Heinzi, Altenpfleger Jan und 20.000 Euro unterwegs ist - nach Kolberg. Den Hamburger Autorinnen Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz, die ihre Bücher unter dem Pseudonym Anne Hertz veröffentlichen, ist erneut eine Geschichte gelungen, die die Lachmuskeln der Leserinnen anstrengen dürfte. Denn die Begegnung mit Jans polnischer Familie hat Folgen. Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten. Wer Komödien liebt, der wird sich beim Lesen garantiert hervorragend amüsieren.

Prädikat: ***

Friedrich Dönhoff: Seeluft (Diogenes)

In Altona wird ein Toter gefunden. Zunächst sieht alles nach einem Unfall aus. Doch Sebastian Fink von der Kripo Hamburg hat da so ein Gefühl - und je mehr er sich mit  dem Fall beschäftigt, desto stärker wird sein Unbehagen. Denn der Tote war Chef einer Reederei - und außer seiner Geliebten weint ihm niemand eine Träne nach. 
Die Suche nach einem Mörder bringt Fink auf die Spur eines veritablen Umwelt- skandals. Und der wiederum führt den Hauptkommissar zu einer Täterin, die aber mit dem Tod des Reeders nichts zu tun hat. Friedrich Dönhoff hat einen Kriminalroman geschrieben, der so komplex ist wie das Leben selbst. In diesem Buch gibt es nicht einmal auf die Frage nach Schuld und Sühne einfache Antworten. 

Prädikat: ***

Dienstag, 2. April 2013

Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura (Luchterhand)

Irmtraud Morgner (1933 bis 1990) konnte mit dem sozialistischen Realismus nur sehr bedingt etwas anfangen. Ihr bedeutendstes Werk ist die Salman-Trilogie, in der die Schriftstellerin eine sehr eigene Sicht auf die Geschichte, insbesondere auch des weiblichen Teils der Menschheit, zu Papier gebracht hat. 
"Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura", 1974 im Aufbau-Verlag erstmals erschienen, ist der erste Band davon. Den zweiten Band - "Amanda. Ein Hexenroman" - konnte die Schriftstellerin noch voll- enden. Doch dann erlag Irmtraud Morgner einer Krebserkrankung. 
Der dritte Teil wurde schließlich durch Rudolf Bussmann aus dem Nachlass rekonstruiert und erschien 1998 unter dem Titel "Das heroische Testament" beim Luchterhand Literaturverlag, der das Werk auf Wunsch der Autorin seit 1990 betreut. Leider hatte der Verlag ihre Bücher zwischenzeitlich aus ökonomischen Gründen aus dem Programm genommen.
Umso erfreulicher ist es, dass zumindest der erste Teil der Trilogie nunmehr wieder erhältlich ist. Er berichtet über Beatriz de Dia, eine provenzalische Minnesängerin, die von der Männerwelt des Mittel- alters die Nase voll hatte. Nach 800 Jahren Schlaf wacht sie 1968 auf, und stellt fest, dass sich leider nicht sehr viel geändert hat. Doch dann geht sie in die DDR, wo ja alles besser sein soll. Was die Trobadora dort erlebt, das erzählt Morgner in einer faszinierenden literarischen Montage, und ihr Text lässt noch immer schmunzeln - vermutlich  auch Leser, die die DDR nicht selbst erlebt haben. 

Prädikat: *****