Montag, 27. April 2015

Wendy Holden: Echte Freunde (Knaur)

Einen kleinen Jungen und einen riesigen Hund porträtiert dieses Buch. Die beiden sind unzertrennlich – dabei müssen sie beide ein schweres Schicksal bewältigen. Denn Owen leidet an einer angeborenen Muskelerkrankung, dem sogenannten Schwartz-Jampel-Syndrom. Bei dieser extrem seltenen Krankheit sind die Muskeln nach einer Kontraktion nicht in der Lage, sich wieder zu entspannen. Sie versteifen sich, und so behindern sie auch die normale Entwicklung des Skeletts. Owen sieht anders aus als die „normalen“ Kinder, und er ist auf einen Rollstuhl angewiesen. 
Haatchi ist ein Anatolischer Schäferhund, der als Welpe beinahe erschlagen und dann zur Entsorgung auf Bahngleise verfrachtet wurde. Schwer verletzt – ihm fehlen ein Hinterbein und der Schwanz – wurde er gerettet. Kind und Hund sind ein faszinierendes Team. Wendy Holden erzählt in ihrem Buch die Geschichte einer ganz besonderen Freundschaft. Allerdings muss der Leser eine große Portion Leidensfähigkeit mitbringen, denn stilistisch ist dieses Buch eine Katastrophe.

Prädikat: **

Jussi Adler-Olsen: Erbarmen (dtv)

Zwei Familien sind mit dem Auto unter- wegs. Ein kleines Mädchen ärgert ihren Bruder, so dass der Vater durch die Kinder einen Moment abgelenkt ist. Es kommt zu einem schweren Unfall – und Lars, Sohn der anderen betroffenen Familie, verzeiht Merete nie, was sie getan hat. Denn bei dem Zusammenprall sterben sein Vater und seine kleine Schwester; seine Mutter bringt, im brennenden Autowrack eingeschlossen, Zwillinge zur Welt, von denen nur einer überlebt. Sie selbst ist so schwer verletzt, dass es Jahre dauert, bis sie den Jungen wieder selbst versorgen kann – Jahre, die für Lars die Hölle bedeuten. 
Und deshalb schwört er Rache: Merete soll leiden, wie er einst gelitten hat. Er hat einen perfiden Plan – und eine Druckkammer, in der er die junge Frau gefangen hält. In jedem Jahr erhöht er den Druck. Carl Mørck, Spezialermittler des neu eingerichteten Sonderdezernats Q bei der Kopenhagener Polizei, und sein syrischer Assistent Hafez el-Assad, finden die Entführte in buchstäblich letzter Minute. Spannung pur! 

Prädikat: ****

Sonntag, 26. April 2015

Wolfram Fleischhauer: Schweigend steht der Wald (Droemer)

Die Forststudentin Anja Grimm reist für ihr Praktikum in eine entlegene Gegend im Bayerischen Wald. Das ist kein Zufall: Dort hat sie als kleines Mädchen mit ihren Eltern Urlaub gemacht. Bei den Dorfbewohnern sorgt dies für Unruhe. Kurz nach ihrer Ankunft wird im gleichen Waldstück, in dem vor zwanzig Jahren Anjas Vater spurlos verschwand, der geistig zurückgebliebene Xaver Leybach erhängt aufgefunden. Das bleibt nicht der einzige Todesfall. Und als sich herausstellt, dass die junge Frau den Wald lesen kann wie andere Leute ihre Zeitung, gerät sie in große Gefahr. Wolfram Fleischhauer verknüpft gekonnt einen Kriminalfall mit großer Geschichte. Ein verstörendes Buch. 

Prädikat: ***

Linda Conrads / Alexandra Richter: Dreck muss weg (Knaur)

Manche Kriminalfälle sind so unappetitlich, dass nicht einmal die Polizei wirklich Lust darauf hat, sie aufzuklären. Linda Conrads und Alexandra Richter treten in ihrem Roman den Beweis für diese These an. 
In Hamburg und im ostfriesischen Uttum werden zwei alte Damen tot aufgefunden. Sie waren Schwestern - und beide haben den Mund voll mit Dreck. Marga Terbeek und Kalle Bärwolff ermitteln, doch die Hinweise sind spärlich, und alle Spuren enden im Nichts. 

Prädikat: **

Samstag, 25. April 2015

Maike von Wegen: Mutterseelenalleinerziehend (Knaur)

Meike Büttner ist zwanzig, als sie schwanger wird. Ein Kind zu bekommen, das ist in diesem Alter eigentlich nichts verblüffendes. Dass der mitbetroffene Kerl sich vom Acker macht, auch das soll vorkommen. Unsere Großeltern hätten in dieser Situation vermutlich kurz mit den Zähnen geknirscht – und dann die Ärmel hochgekrempelt. 
Job weg? Dann muss man sich einen anderen suchen, so ist halt das Leben, und wenn die Arbeit vielleicht nicht unbedingt Spaß macht, so bringt sie doch Geld, und das ist nicht zu verachten. Frau Büttner aber ist aus unerfindlichen Gründen der Meinung, dass Selbstverwirklichung die erste Menschenpflicht und auch ein Menschenrecht ist. Hinter jeder Zeile in diesem Buch steht dick und fett nur ein Wort: Ich, ich, ich. Es ist ein unerträgliches, jämmer- liches, albernes Machwerk – und man fragt sich kopfschüttelnd, warum ein Verlag wie Knaur so ein Pamphlet veröffentlicht. Wie peinlich! 

Prädikat: --

Dmitri Verhulst: Der Bibliothekar, der lieber dement war als zu Hause bei seiner Frau (Luchterhand)

„Das Leben schien schneller zu verlaufen als die Gedanken, und bevor er einen Entschluss gefasst hatte, war er ein alter Mann.“ Désiré Cordier, mittlerweile gut 70 Jahre alt, hat immer nachgegeben, wenn seine Frau Moniek etwas von ihm wollte. Nun aber will sie das Haus verkaufen, und in eine kleine Wohnung ziehen. 
Bei dem Gedanken, die Tage gänzlich mit seinem dominanten Weib verbringen zu müssen, ohne Ausweichmöglichkeit in Garten und Keller, empfindet Cordier Panik. Und so beschließt er, endgültig die Flucht zu ergreifen: Der ehemalige Bibliothekar spielt seiner Umwelt Demenz vor, was ihm so gut gelingt, dass er sich schon bald im Pflegeheim wiederfindet. Dimitri Verhulst ist eine komische Tragödie gelungen. Denn auch das Dasein der Alten im Heim hat seine Tücken. Mit spitzer Feder zeichnet der flandrische Autor seinen Helden und dessen Abenteuer  im Reich der Erwachsenenwindeln. Was für eine fiese Geschichte! 

Prädikat: ****

Mittwoch, 22. April 2015

Claudia Frenzel: Brennender Zorn (dtv)

Eine Villa in Berlin ist abgebrannt; die Bewohner kamen dabei ums Leben. Was genau passiert ist, wurde nie geklärt. Zwanzig Jahre später wird in der Ruine eine Leiche gefunden. Selbstmord oder Mord? Wer ist überhaupt der Tote? Hatte er etwas mit dem Brand zu tun? 
Viele Fragen, und kein leichter Start für Kommissar Hanno Kaltwasser, der sich nach einer beruflichen wie auch privaten Krise von München nach Berlin versetzen lassen hat. Ob er herausfinden kann, was seinerzeit das Feuer verursacht hat? Der erste Kriminalroman von Claudia Frenzel ist überraschend komplex – und rundum gelungen. 

Prädikat: ***

Dienstag, 21. April 2015

Bielefeld & Hartlieb: Nach dem Applaus (Diogenes)

Ein ganz besonderes Paar ermittelt: Der Berliner Hauptkommissar Thomas Bernhardt und die Wiener Chefinspektorin Anna Habel begeben sich bei ihrem dritten Fall ins Theatermilieu. Anlass dafür ist der Tod von Sophie Lechner. Die junge Schauspielerin war am Wiener Burgtheater ein Star. Doch bevor sie auch in Berlin die Bretter, die die Welt bedeuten, erobern konnte, fällt für „die große Exaltierte“, so die Presse, der Vorhang: Sie wird in ihrer Wohnung erstochen aufgefunden. 
Wer ist der Täter – war es einer von Sophies zahlreichen Liebhabern, oder gab es beruflich Probleme? Um das herauszufinden, müssen Ermittler aus Wien und Berlin gemeinsam vorgehen – und wer wäre dazu berufener als Habel und Bernhardt, die ja bereits zwei Fälle gemeinsam erfolgreich gelöst haben? Dieser hier freilich entwickelt eine ganz eigene Dynamik, denn bald kommen weitere Personen aus Sophies Umfeld zu Tode. Das Wien-Berliner Autorenpaar Petra Hartlieb und Claus-Ulrich Bielefeld hat einmal mehr eine Kriminalgeschichte geschrieben, die das Lokalkolorit beider Städte auf das Beste vereint. Wundervolle Unterhaltung!

Prädikat: ***

Helene Henke: Menschenfischer (Droemer)

In einem unzugänglichen Waldgebiet im Hunsrück werden zwei Kinder tot aufgefunden. Ihre Leichen sind bereits so stark verwest, dass die Gerichtsmedizinerin eine Expertin bittet, ihre Gesichter zu rekonstruieren, damit die Identität der beiden Mädchen festgestellt werden kann. Zoe Lenz, Spezialistin für Totenmasken und Deutschlands jüngste Bestatterin, übernimmt es zudem, die Toten für das Begräbnis herzurichten. Eines wird bald klar: Die Kinder wurden zu Tode gefoltert – und sie tragen seltsame Implantate. 
Haben sie vielleicht etwas mit einer seltsamen Sekte zu tun, die sich in einem einsamen Anwesen aufhalten soll, wie man munkelt? Als die Kinderleichen aus ihrem Kühlhaus verschwinden, geht Zoe auf die Suche nach Opfern und Tätern - ein gefährliches Abenteuer.

Prädikat: **